Bollendorf in der Südeifel (30.04. - 06.05.2002)

Bevor man sich die Wanderschuhe anzieht, ist es gut, einige Worte zu lernen. Dadurch kann man unterwegs mehr verstehen. So weist das Keltische Wort „boll“ auf eine Krümmung hin; gemeint ist hier in Bollendorf die Biegung des breiten, rasch fließenden Flusses Sauer.
Auch das Wort „lay“ liest man hier oft: Das heißt Fels.

-Und nun kann´s losgehen.

Ach ja, richtig, - angekommen sind wir am 30. April, nachmittags: 40 Leute aus Kiel und Umgebung – 40 wanderbegeisterte Mitglieder der Wandergruppe des DAV, Sektion Kiel.
 

01.05. – Durch die Hölle auf den Predigerstuhl

Aus Bollendorf wandern wir hinaus, durchqueren ein ansteigendes Wiesengelände, erreichen den Waldrand und erblicken bald den Lingelslay, einen gespaltenen Klotz, der mit seinen vielen, je nach Lichteinfall verschiedenen, braunen, roten und gelben Farben aus dem Hellgrün des jungen Buchenwaldes heraus leuchtet.
Immer am Hang entlang geht es friedlich voran, bis sich eine enge, winkelige Schlucht auftut: Wir stapfen zaghaft durch die „Hölle“.
Weiter geht´s zum Eulenhorst und zum Kauzley, einem 384(!) m hohen Plateau mit seiner weiten Aussicht in der warmen Sonne. Von hier wandern wir, immer links herum, zum Maria-Theresia-Stein und zum Predigerstuhl, von dem aus sich ein weiter Blick ins Luxemburgische Dillingen auftut. 

Der Weg führt weiter zum Muhmenlay und, dank zweier Kompasse (!), zurück ins Dorf.
Nach kurzer Rast zeigt uns der Seniorwirt unseres Hotels die Fundamente des Herrenhauses eines Römischen Gutshofs aus dem 2. bis 4. Jahrhundert n.Chr. Diese Mauerreste sind in den letzten Jahren überdacht worden, so dass wir deutlich die gut erhaltene Halle mit Feuerstelle, das Schlafzimmer, das heiße, das laue und das kalte Bad sowie den Wasserablauf unterscheiden können. Im Keller wurden damals u.a. Saatweizen, Dinkel, Gerste, Lein, Öl, Wein, Esskastanien und verschiedene Kräuter kühl gelagert.
Nicht in diesem sondern im Keller des Hotels gibt es abends Lieder zum Wein. 

02.05. – Vom Grundhof durch den Wolfsschlund bis Echternach

Per Bus im Luxemburgischen Grundhof, wenige Kilometer flussaufwärts angelangt, steigen wir bis Kasselt auf und wandern unterhalb der vielnamigen Kletterfelsen, z.B. Sieweschlöff und Raiberhiel, entlang des Fernwanderweges Holland - Mittelmeer bis Bergdorf. Hier stößt der Rest unserer Gruppe dazu. Wir verlassen das Dorf, tauchen in den dichten Wald ein und stehen plötzlich in einem felsigen Amphitheater. Daneben duckt sich die Hohllay, ein säulenständiger Fels, aus dem man früher Mühlräder herausklopfte. Die Felsen stammen aus der Lias-Zeit.
Wir wandern ins Tal hinein, das mit seinen hohen Felsen, die immer wieder zutreffende Namen erhalten haben, wie z.B. „Labyrinth“, und mit seinem Bächlein viele unterschiedliche Lebensräume, z.B. für Farne, zeigt.
Doch nun wird´s ernst, sogar den Tapfersten entringt sich ein Schrei, denn wir wagen die Durchquerung des „gorge du loup“, des Wolfsschlundes.
Ein Stück Weges weiter stehen wir auf einem sonnendurchfluteten Hang, freuen uns an den zahlreichen Orchideen und blicken auf Echternach hinab. Als erstes fällt uns die Abtei auf. Benediktiner erbauten sie bereits im 11. Jahrhundert. Im 13. Jahrhundert wurde sie umgebaut. Dies und vieles mehr erfahren wir bei einem Rundgang durch die Altstadt.
 

03.05. –Pumpspeicherwerk Vianden und zur Stadt Luxemburg

Vorbei am fortwährend weinenden Tränenlay fahren wir mit dem Bus nach Vianden zum Besucherstollen des Pumpspeicherwerkes. Ein Nebenfluss der Sauer, die Our, wird hier auf ca. 8 km Länge aufgestaut. Mittels großer Pumpen wird das Wasser aus dem Stausee in ein künstlich angelegtes, 460 m höher gelegenes Oberbecken, sozusagen in ein Depot für Wasser, gepumpt. Kommt es nun zu einem Spitzenverbrauch an Strom, was meist mittags gegen 12 Uhr und kurz nach 18 Uhr der Fall ist, saust das Wasser aus dem Oberbecken hinab und treibt riesige Generatoren an.
Man sieht: Hier in Luxemburg kommt es auf das Depot an.
Nun fahren wir mit dem Bus weiter, in die Hauptstadt des Großherzogtums. In der Stadt Luxemburg, am „Place d´Armes“  empfängt uns eine vorzügliche Fremdenführerin. In einem zweistündigen Rundgang sehen wir u.a. das großherzogliche Schloss, ein Palais aus dem 16. Jahrhundert, die „gesichtswendenden“ Lampen davor, am Place Claire Fontaine die eindrucksvolle Statue der früheren Herzogin, die protestantische Kirche und den Fahrstuhl für uns 40 Personen im Museum der Stadt.
Wir treten wieder ins Freie und haben uns dem „schönsten Balkon Europas“ genähert, der „Corniche“. Von hier aus können wir ins 150 m tiefer gelegene Tal der Pétrusse blicken. Oben auf dem steil abfallenden Felsen gehen wir entlang und kommen ins Halbdunkel der Archäologischen Krypta. Sie beherbergt die Ursprünge der Stadt Luxemburg, die Überreste der Burg des ersten Grafen, dazu eine audiovisuelle Anlage, aus der wir vieles über die örtliche Geschichte erfahren. Weiter und tiefer hinab geht es in die Kasematten im Bock-Felsen, unterirdische Verteidigungsanlagen, die wir in mehr oder weniger engen Gängen und Wendeltreppen erkunden. Wie schön, dann wieder am Licht zu sein!
Am Denkmal der „Goldenen Frau“ steigen wir wieder in den Bus. Mit ihm durchqueren wir das „europe-dienstliche“ Neubauviertel Kirchberg und fahren zurück nach Bollendorf.
Am Ende eines solchen Tages denkt man an Jean Monnet, an Robert Schuman, an die Anfänge der Montanunion im Jahre 1952, an die uns anschaulich geschilderte vielseitige Bildung der heutigen Schulkinder - und an die Offenheit dieser schönen Stadt.
 

04.05. – Teufelsschlucht und Gusseisen

Der Bus bringt uns in die Nähe des Dörfchens Ernzen. Wir beginnen die morgendliche Wanderung in einem heiteren, hellen Wald und dann: Plötzlich ist sie da,  die Teufelsschlucht. Eng, steil, gefährlich, denn zwischen den senkrechten Felswänden haben sich tonnenschwere Brocken verkeilt. Unter diesen winden wir uns durch – Limbotänzern ähnlich.
Später aus dem Wald heraus, gibt es schöne Ausblicke, z.B. hinunter nach Irrel. Nun, stetig rechts drehend, gelangen wir auf unserem Weg oben am Hang, zur Loborius-Kapelle, blicken, diesmal von der anderen Seite, hinab nach Echternach. Hier oben lebte einst ein Eremit zwischen Fels und Wald.
Immer nach Nordwesten gehend, wandern wir zum Falkenlay, erreichen später die felsig-buchtigen „Schweineställe“, steigen fast ins Tal hinab und erreichen das Gelände der ehemaligen Eisenhütte in Weilerbach. Hier sehen wir das restaurierte, barocke, elegante Schloss mit seinem Garten. In der ebenfalls herausgeputzten Remise gibt es ein Café, in dem schöne, alte, gusseiserne Öfen ausgestellt sind.
Und auch zu diesem Kaffee wurden wir eingeladen….
 

05.05. – Durchs verregnete Hallertal nach Beaufort

Was suchen wir, als wir vom Grundhof aus unsere Wanderung im Hallerbachtal beginnen? Klar wird jedenfalls, was wir darin vorfinden: Ein wildes Bachtal zwischen hohen Felsen in einem lichten Laubwald. Heute, nach dem nächtlichen leisen Regen, ist der rauschende Bach hier und da über seine Ufer getreten, was unsererseits mutige Sprünge von Stein zu Stein erfordert. Wir hören dem Gesang der Misteldrossel zu und beobachten Wasseramseln.
Das aufsteigende Tal öffnet sich, wir erblicken einen langgestreckten Teich, hübsch in die Landschaft eingefügt, Schafe auf der Weide und dahinter eine teilweise erhaltene und teilweise ruinöse Burg aus schönem rötlichem Sandstein.
Dieses Beauforter ritterliche Anwesen, eine frühere Wasserburg, wurde in ihrem ältesten Teil bereits im 12. Jahrhundert errichtet. Heute gehört sie dem Staat Luxemburg, und zahlreiche Besucher besichtigen sie. Zusätzlich hat man rund um den Ort ein Netz von Rundwanderwegen, „Promenaden“, angelegt, die dem Besucher die waldreiche Landschaft in ihrer reizvollen Vielfalt darbieten.
Wir dürfen uns freundlicherweise an einem trockenen Platz unterstellen, verkosten dort den selbstgemachten Waldfruchtlikör und wandern dann über Berg und Tal zurück nach Grundhof.
In Bollendorf heißt es am Abend, Abschied zu nehmen mit Lied, Gedicht und Theater.
 

06.05. - Trier

Zusammen mit der Fremdenführerin schauen wir das Wahrzeichen der Stadt an: Die Porta Nigra. Dieses Römische Stadttor stammt aus dem 2. Jahrhundert nach Chr., wurde aus hellem Sandstein erstellt, der in den vielen Jahrhunderten gedunkelt ist. Seinerzeit war es eines von mehreren derartigen Toren in einer ca. 6 km langen Stadtmauer. Vom 11. – 18. Jahrhundert diente es als Kirche. Erst nach der Französischen Revolution wurde der ursprüngliche Zustand, so weit möglich, wieder hergestellt.
Unser Weg führt uns an der Wohnburg einer Patrizierfamilie und an mosel-fränkischen Fachwerkhäusern vorbei zum Marktplatz mit dem Marktkreuz, dem Marktbrunnen und dem bunten Haus Steipe.
Nach wenigen hundert Metern bietet die Römische Palastaula (Basilika) einen überraschenden Anblick, denn ein derart großes repräsentatives Gebäude erwartet man nicht in Mitteleuropa. Dem Kaiser Constantin diente die stützenlose Palastaula als Thronsaal. Heute ist sie evangelische Kirche. Der Chor der Kirche lässt sich auf den erhobenen Kaisersitz zurück führen.
Zum Abschluss gelangen wir zum Dom und zu der daneben stehenden Liebfrauenbasilika, die sich durch 12 schöne Apostelbilder und eine gute Akustik auszeichnet.


 

Resümee auf der Rückfahrt:

Wir sind in der 40-köpfigen Reisegruppe viele Wege gewandert, wir haben viel miteinander gesprochen, gesungen und einander zugehört. Wir haben gefährliche und sanfte Felsen kennengelernt. Das Hotel mit seinem Gästehaus zeigte sich von seiner besten Seite.
Das Ganze hat Dietrich Materne organsiert, dem wir herzlich danken. 

Bericht:          Karl Schilke
Fotos:            Hildegard Winzenborg