Wo Engel im Sande gespielt haben

Eine Wanderfahrt in die Sächsische Schweiz (20.04. - 27.04.2008)
 

Sonntag, 20.04.2008 - Anreise

Oberpünktlich und erwartungsvoll sitzen wir um 7.50 Uhr im Bus an der HEA in Kiel. Nachdem am Bahnhof noch zwei Teilnehmer zugestiegen sind, sind wir komplett und die Fahrt Richtung Kurort Rathen in der schönen Sächsischen Schweiz geht los. Mit Gerlind und Linda sind auch zwei Gäste unter uns. Dietrich zeigt sich höchst erfreut, dass niemand die Reise absagen musste, so dass die magische Teilnehmerzahl von „40“ als günstige Verhandlungsbasis für den Reisepreis überschritten bleibt. Insgesamt sind wir mit 42 Personen eine sehr stattliche Reisegruppe.
Der Bus schnurrt ruhig dahin, und wir haben eine ausgesprochen gemütliche Fahrt bei leicht wolkigem Himmel. „Unsere“ beiden Busfahrer aus Dresden, Udo und Gerhard, sorgen unterwegs für Unterhaltung. Vor allem Udo (?) wirkt sehr aufgeräumt und erzählt so manchen Schwank aus seinem reichen Erfahrungsschatz. Da die Fahrt zügig verläuft, sind wir etwas früher als angenommen in Dresden. Dort bekommen wir noch eine kleine Stadtrundfahrt geboten. Insbesondere Sportstätten, Flughafen und andere Infrastruktureinrichtungen haben es Udo angetan und werden uns mit Stolz vorgeführt.

Um 16.30 Uhr erreicht unser Bus den Parkplatz an der Rathener Seilwinden-Fähre („Gier-Fähre“), die uns in wenigen Minuten mit Sack und Pack über die Elbe bringt. Der Kurort Rathen ist ein gefragter Urlaubsort mit nur 450 Einwohnern, aber 1.200 Gästebetten, und er ist (nahezu) „autofrei“ ! Unser Gepäck nimmt der Hotel-Transporter auf, so dass wir die kurze Strecke zum Hotel leichtfüßig zurücklegen können. Unser Hotel „Amselgrundschlösschen“ in Niederrathen liegt idyllisch und ruhig, direkt am Einstieg des Wanderweges zur Bastei.
Die immer wieder spannende Zimmerverteilung ist schnell erledigt und jeder sucht sein Quartier der kommenden Woche auf. Zum Glück verfügt das Hotel auch über einen Aufzug, sonst hätte wohl so mancher Koffer seinen Träger ins Schwitzen gebracht.
Der Anreisetag geht zu Ende mit dem gemeinsamen Abendessen im Hotel. Nach der freundlichen Begrüßung durch den Seniorchef laben wir uns am reichhaltigen Salatbüffet und genießen anschließend ein vorzügliches 3-Gänge-Menü. Den excellenten Speisen der Hotelküche können wir auch an den folgenden Tagen schon mit Vorfreude entgegensehen.
 

Montag, 21.04.2008 - Rundwanderung Rathen - Bastei - Wehlen - Lilienstein - Rathen

Der erste Morgen in Rathen begrüßt uns mit Hochnebel, der aber schon nach dem Frühstück der Sonne gewichen ist. Als praktischer Service des Hauses liegt an der Hotelrezeption an jedem Morgen die Wetterprognose für den kommenden Tag aus. Auch das Frühstücksbüffet lässt keine Wünsche offen. Gestärkt steigen wir kurz vor 9.00 Uhr die vielen Stufen hoch zur Bastei und Basteibrücke. Wer nicht so gut zu Fuß ist, wird mit dem Hotelbus nach oben gefahren. So können sich alle an der einzigartigen Landschaft, den herrlichen Ausblicken mitten im Meer der Felsen erfreuen. Natur vom Feinsten wird geboten oder wie Heinrich von Kleist es beschrieb: „… als hätten da die Engel im Sande gespielt !“.

Gemeinsam geht es weiter über den Fremdenweg zum Steinernen Tisch und durch den Höllengrund, auf einem von hohen, bemoosten Felsen eingerahmten Weg in einer märchenhaften Landschaft. Am Zscherregrund machen wir einen Abstecher zur „Waldidylle“ und wandeln durch ein Felsentor auf den Spuren von Caspar David Friedrich. Für die Mittagsrast können wir uns auf der möblierten Terrasse des Gasthauses „Waldidylle“ (heute Ruhetag) niederlassen und - falls vorhanden - die Rucksackverpflegung verspeisen.


 

Durch den Wehlener Grund geht es dann nach Wehlen. Am dortigen Marktplatz trennen sich noch einmal unsere Wege: Ein Teil wandert den Rückweg bei freundlichem Sonnenschein beschaulich an der Elbe entlang und setzt mit der Fähre über. Der große Rest von 26 Wanderern mutet sich den anspruchsvollen Pfad über den Rauenstein (303,7 m !) zu. Fortwährend geht es treppauf und leiterab, wobei man ordentlich ins Schnaufen geraten kann. Schneeweißer, feiner Sand, Kiefern und Birken, gerundeter, glatter Sandstein prägen hier das Landschaftsbild. Im Gasthaus Rauenstein legen wir noch eine Pause ein, lassen uns zum Beispiel Kaffee und Eierschecke (eine sächsische Kuchenspezialität) schmecken, bevor es abwärts geht über Laasenstein, Falkenhorst bis Oberrathen und mit der Fähre nach Niederrathen. Heute sind wir so zeitig zurück, dass bis zum Abendessen noch kleine, individuelle Unternehmungen möglich sind, wie ein Besuch im Café Rosengarten in schönster Lage an der Elbe oder Einkäufe erledigen. Dieser wunderbare und bestens organisierte Wandertag klingt mit allseits zufriedenen Mienen beim köstlichen Abendmenü aus.

Dienstag, 22.04.2008 - Festung Königstein

Die Sonne macht sich rar, und zeitweise regnet es. Unsere Unternehmungslust beeinträchtigt das aber nicht. Wir starten nach ausgiebigem Frühstück um 8.45 Uhr zur Fähre über die Elbe und fahren mit dem Zug eine Station bis Königstein. Hier beginnt der Aufstieg zur Festung (370,7 m). Unsere Veteranen bringt der Bus nach oben. Die letzten 20 hm überwinden auch wir bequem mit dem Panoramaaufzug. Dietrich hat - fürsorglich wie er ist - zwei ermäßigte Eintrittskarten zuviel erstanden. Eine Rückgabe ist ausgeschlossen. Dank Eberhards „DaskönnenSiemirdochnichtabschlagen-Blick“ und Dietrichs eloquenter Überzeugungskraft gelingt es den beiden, diese Karten verlustfrei an zwei neu angekommene Besucher zu verkaufen.
Besucher sind besonders reichlich vorhanden. Im Abstand weniger Minuten fahren Busse vor, deren Insassen ins Gelände ausschwärmen. Laut Reiseführer ist Königstein eine der architektonisch und historisch wertvollsten Bergfestungen Europas !
Auf der - einstmals militärisch uneinnehmbaren - Festung angekommen, heften sich viele von uns an Gerlinds Fersen, die sachkundig Hinweise und Erklärungen gibt. Das begehbare Areal dehnt sich beträchtlich aus und es gibt eine Menge zu besichtigen und zu bestaunen, z. B. das Kommandantenhaus mit Wohnung (Zustand um 1900), das Proviantmagazin mit Fasskeller oder das Brunnenhaus, in dem sich ein rund 150 m tiefer Brunnen aus dem 16. Jh befindet und sogar 2 neuzeitliche Ferienwohnungen eingerichtet sind. Auch verschiedene Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst können besucht werden. Es bietet sich an, am Rand der Festungsanlage entlang zu gehen, obwohl man sie bedingt durch Baustellen nicht gänzlich umrunden kann. Dabei erreicht man auch die Friedrichsburg, die im 16. Jh ein Beobachtungsturm war und im 18. Jh zu einem barocken Pavillon umgebaut wurde. Der Festsaal im Obergeschoss wird heutzutage als Standesamt genutzt. Bei dem Rundgang ergibt sich die beste Aussicht auf die anderen Tafelberge, wie den Lilienstein, der heute Nachmittag auf uns wartet.

Gegen 12.00 Uhr trudeln am Treffpunkt alle wieder ein, und der Aufzug befördert uns vor die Festungsanlage. Von hier aus wandern wir abwärts in den Ort Königstein, leider erst ’mal im Regen. Die Personenfähre bringt uns hinüber nach Halbestadt. Als leichtere Variante stehen jetzt der Kirchweg und der Lottersteig oder der Elbuferweg nach Rathen zur Auswahl. Wer seine Füße ganz schonen möchte, kann auch mit dem Zug zurück fahren. Ein Trupp von 13 „Geübten“ wandert über den Lilienstein (415,2 m). Zahlreiche Leitern, Treppen, ausgewaschene und ausgetretene Stufen, kleine Brücken sind zu überwinden. Wunderschöne Ausblicke sind die Belohnung. Petrus hat sogar ein Einsehen, und wir können den Regenschutz wieder einpacken. Am Obelisken zu Ehren der Wettiner (1089 - 1889) treffen wir auf Rudi, unseren „waschechten“ Sachsen, der sich hier bestens auskennt und den etwas einfacheren Nordaufstieg gegangen ist. Dann geht es in flottem Tempo über den Lottersteig nach Niederrathen. Sehr rechtzeitig finden sich alle zum verdienten abendlichen Schmaus im Speisesaal ein.
 

Mittwoch, 23.04.2008 - Dresden

Heute ist Dresden-Tag ! Der Himmel zeigt sich wieder von der freundlichen Seite und schickt nur ein paar lockere Wolken. Um 8.30 Uhr werden wir von der Stadtführerin, Frau Edeltraut Gantze, schon am Rathener Bahnhof empfangen. Auf der Zugfahrt nach Dresden erzählt sie allerlei Originelles über Land und Leute. So hätten die Einheimischen die Bahnstation „Obervogelgesang“ kurzerhand in „Oberpiepmatzgezwitscher“ umgetauft. Die Stadtführung beginnt schon am Dresdner Hauptbahnhof. Durch die Prager Straße (Haupteinkaufsstraße zu DDR-Zeiten) gelangen wir zur Hofkirche, in der schöne Orgelmusik ertönt. Vor Besichtigung der Frauenkirche sehen wir noch im „Kulturpalast“ als besondere Vorbereitung einen 25minütigen Film „Faszination Frauenkirche“. Deshalb muss sich Frau Gantze beeilen, uns an weitere „wichtige“ Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie den Zwinger und die Semperoper, zu führen. Dann dürfen wir in die Frauenkirche. Der Anblick, die Erhabenheit und Atmosphäre nehmen den Atem. Wir sind sehr ergriffen und mancher kann die aufsteigenden Gefühle kaum bewältigen.
Nach dem Besuch des Kirchenraums besteht die Möglichkeit, die Kuppel zu besteigen. Für ein kurzes Stück wird der Fahrstuhl benutzt. Dann geht es zu Fuß in einem spiralartig (barrierefrei) angelegten Aufstieg weiter. Innenseitig besteht freier Blick in den Kirchenraum. Auf der Aussichtsplattform stehend, liegt uns Dresden zu Füßen und wir können weit ins Land sehen. Danach ist bis zum späten Nachmittag Zeit „zur freien Verfügung“.

Für die preisgünstigeren 5er-Bahnfahrkarten finden wir uns zu „Fünflingen“ zusammen. Inge, Johanna, Regina, Renate, Fritz und ich sind heute so eine „Schicksalsgemeinschaft“ und bleiben für die weiteren Unternehmungen des Tages zusammen. Nach der reichhaltigen kulturellen Kost verlangt nun der Magen sein Recht. Unterhalb der Brühlschen Terrassen/An der Frauenkirche gibt es eine Vielzahl gastronomischer Angebote. Wir finden im Freien ein nettes Plätzchen mit südlichem Flair und lassen es uns schmecken. Anschließend schlendern wir zum „Italienischen Dörfchen“. In diesem Café/Restaurant kommt neben Tortenschlemmereien auch der Augenschmaus nicht zu kurz. Nun sind wir bestens gerüstet für den weiteren Glanzpunkt des Tages: Um 16.40 Uhr treffen wir uns alle am Eingang zum Historischen Grünen Gewölbe. „Grün“ wird es genannt wegen der historisch malachitgrünen Bemalung einzelner Bauteile. Hier sind gesammelte Kunstschätze August des Starken in den Originalräumen ausgestellt. Das „barocke Gesamtkunstwerk“ wurde am 1. September 2006 in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Festakt eröffnet - mehr als 60 Jahre nach seiner Zerstörung. Dass wir hier Zutritt bekommen, verdanken wir Dietrich. Ihm ist es gelungen, für unsere Reisegruppe entsprechende Eintrittskarten zu erstehen. Das war kein leichtes Unterfangen, denn der Besucherandrang ist enorm hoch. Letzteres gilt auch für die Sicherheitsvorkehrungen. Sämtliche Garderobe (nicht Kleidung !) und auch das kleinste Täschchen sind abzugeben. Die Hauptexponate in zehn Kabinetten sind hermetisch abgeschirmt. In diesen „begehbaren Tresor“ gelangt man durch eine Klimaschleuse (zwecks Luftaustausch), in die jeweils nur 2 Besucher eintreten dürfen. So entsteht schnell eine Warteschlange. Aber das Warten lohnt sich. Pracht, Glanz, Schönheit und Fülle der Ausstellung sind überwältigend ! Es ist ein Rausch aus Gold, Edelsteinen und Farben ! In den 1 ½  Stunden Aufenthalt kann nicht jedes Stück genauer betrachtet werden, und unsere Aufnahmefähigkeit ist zum Ende auch erschöpft. Erfüllt von Eindrücken aus dieser einzigartigen Stadt fahren wir gegen 19.00 Uhr müde und zufrieden zurück nach Rathen.
 

Donnerstag, 24.04.2008 - Prebischtor und Edmundsklamm

Eigentlich ist heute eine Wanderung von Bad Schandau zu den Schrammsteinen vorgesehen. Doch aus „reisebustechnischen“ Gründen wird die für morgen eingeplante Fahrt in die Böhmische Schweiz (Tschechische Republik) vorgezogen. Dies erweist sich als gute Entscheidung, denn der Himmel ist uns hold, die Sonne lacht und wir haben eine landschaftlich äußerst reizvolle Wanderung vor uns. Der Bus holt uns um 8.30 Uhr in Oberrathen ab. Kein Grenzbeamter interessiert sich für unsere Pässe oder Personalausweise. An einem Waldparkplatz in Hřensko (Herrnskretschen) steigen wir aus. Wieder teilen wir uns in zwei Gruppen auf: Eine Gruppe von 31 Personen geht mit Wolfgang über die Dreikönigsquelle zum Prebischtor, die kleinere Gruppe wandert unter Dietrichs Führung eine kürzere und leichtere Strecke nach Mezna (Stimmersdorf). Bei Beginn des Aufstiegs wird deutlich, dass dies eine sehr gefragte Wanderregion ist. Zeitgleich mit uns marschiert auch eine größere Mitarbeitergruppe eines Energieversorgungsunternehmens, einschließlich „Hof-Fotograf“, los. Am Prebischtor, dem größten Natur-Felsentor Europas (16m hoch, an der Basis 26,5m breit), legen wir eine Mittagspause mit eigenem Proviant ein. Wir ringen Wolfgang eine auf 45 Minuten verlängerte Pause ab, denn es ist einfach zu schön hier ! Es gibt viele verschiedene Aussichtspunkte und -plätze, die aufgesucht und genossen werden wollen. Vom Prebischtor führt der Abstieg durch lichtdurchfluteten Wald, vorbei an durch Witterung gefurchten und löchrigen Sandsteinfelsen und weiter nach Mezni Louka (Rainwiese). Ab hier wandern wir ca. 2 km auf einer schmalen, verkehrsarmen Asphaltstraße bis Mezna, das sozusagen das Ende einer Sackgasse im Gebirge bildet.

In einer (der einzigen ?) Dorfgaststätte am Ortsende sitzen Dietrich und seine Gruppe schon gemütlich im Biergarten und lassen sich gepflegte Getränke schmecken. Auch Speisen werden angeboten. Das Lokal ist gut besucht. Auf einen derartigen Massenansturm von weiteren 31 Leuten, noch dazu mitten in der Woche, ist man hier aber nicht eingestellt und darüber auch gar nicht erfreut. Als wir tatkräftig anpacken und seitlich gestapelte Tische und Stühle auf einer gepflasterten Fläche herrichten, lehnt die Wirtin es ab, uns hier zu bedienen ! So leicht sind wir jedoch nicht zu entmutigen, sondern rücken bis zum Tresen in der Gaststube vor. Hier warten wir hartnäckig und lassen uns nicht abwimmeln. Unsere stumme Entschlossenheit wirkt schließlich, und die junge Frau bedeutet uns, dass sie das erstrebte Bier nach draußen bringen wird. Nur gut, dass wir nicht aufgegeben haben, denn das servierte Budweiser Pils ist der köstlichste Gerstensaft, den wir je getrunken haben !

Der anschließende steile Abstieg zur Wilden Klamm über teilweise nasse, glitschige Steine wird trotzdem problemlos bewältigt. Es folgt eine herrliche Talwanderung neben dem Kamnitzbach bis zur Edmunds- (oder Stille-) Klamm. Nun steigen wir in Holzkähne ein und werden von ortskundigen Gondolieri durch eine romantische, unverfälscht erscheinende Landschaft gesteuert. Schmetternde Gesänge aus Gondolierikehlen sind im Fahrpreis ebenso enthalten wie der überraschende Anblick des mittels Seilzug und Gießkanne herabstürzenden Niagarafalls. Viel zu schnell ist die Fahrt zu Ende. Der restliche schöne Rückweg führt weiter am Kamnitzbach entlang. In Hřensko legen wir noch eine Pause ein für Kaffee, Eis, Bier oder was das Herz begehrt. Der anschließende Weg zur Fähre führt vorbei an unzähligen Verkaufsständen vietnamesischer Händler. Es ist ein eher bedrückender Anblick. Mit der Personenfähre setzen wir über nach Schöna und fahren bequem zurück nach Rathen.
 

Freitag, 25.04.2008 - Bad Schandau - Schrammsteine und anderes

Während wir behaglich beim Frühstück sitzen, wandert der prüfende Blick immer wieder zum Fenster und an den recht diffusen Himmel. Für die geplante Wanderung zu den Schrammsteinen sollte das Wetter möglichst trocken sein. Es dauert jedoch nicht lange und es setzt Regen ein, der sich verstärkt. Daraus ergibt sich die Gelegenheit für alle, den Tag individuell zu gestalten. Einige finden sich zu einer kleineren Wanderung ab Bad Schandau zusammen, Museen und Naturparkhäuser werden besucht, und mancher verbringt einfach nur einen „faulen Tag“. Einige, wie Regina, Renate, Fritz und mich zieht es noch einmal nach Dresden.
Das Porzellanmuseum im Zwinger lockt uns sehr. Doch diesmal suchen wir die Gemäldegalerie Alte Meister auf. Neben Raffaels legendärer Sixtinischen Madonna zieht mich besonders Das Schokoladenmädchen von. J. Ế. Liotard an, das bezauberndste und schönste aller Pastelle ! Wir sehen uns gezielt bestimmte Werke an, denn der Ausstellungsumfang würde weit mehr als ein Tagesprogramm ausfüllen. Nach einem preiswerten (4,50 € !) und dennoch schmackhaften Mittagstisch in der Fußgängerzone gönnen wir uns nachmittags noch die Besichtigung des Neuen Grünen Gewölbes, das nach unserem Eindruck den Exponaten im historischen Teil in nichts nachsteht. Beim abendlichen "Festessen" im Hotel sind alle wieder vereint.
 

Samstag, 26.04.2008 - Kuhstall - Affensteine - Frienstein

Es hat sich ausgeregnet und Klärchen (=Sonne) strahlt vom blauen Himmel. Um 8.30 Uhr geht’s los mit Fähre, Zug, Fähre nach Bad Schandau auf dem nördlichen Elbufer. Im Kurpark steigen wir ein in die Kirnitschtalbahn, eine Art Straßenbahn aus dem Jahre 1898, die uns taleinwärts bis zum Lichtenhainer Wasserfall bringt. Von dort wandern wir hoch zum „Kuhstall“ auf ca. 330m Höhe. Der Kuhstall ist ein 11m hohes, 17m breites und 24m tiefes Felsentor, das im 15.Jh sowie im 30jährigen Krieg als Unterstand für das Vieh der Raubritter diente. Hier legen wir eine erste Pause ein. Kurt, unser Geburtstagskind, hat eine Überraschung für uns: Heimlich haben gute Geister sächsischen Wein, Käse- und andere Häppchen nach oben getragen, die nun zur allgemeinen Freude ausgegeben werden.

 

 

Vom Kuhstall gelangt man durch einen engen Felsspalt mit kleiner Kletterei über die „Himmelsleiter“ auf das Plateau des Neuen Wildensteins mit wunderbarer Rundumsicht. Dieser Abstecher ist „leicht und lohnend“, wie es in Bergwanderführern so schön heißt. Über den Fremdenweg kommen wir zum Kleinen Winterberg, turnen auf dem oberen Affensteinweg bis zur Idagrotte. Um sie näher zu betrachten, ist ein steiler Fels auf einem etwas ausgesetzten Pfad zu umrunden. Für einige von uns eine gute Gelegenheit, bestehende Angst vor dem Abgrund zu überwinden. Auf dem Gelände nahe der Grotte legen wir unsere Mittagsrast ein. Für den Rückmarsch nach Beuthenfall schlägt Wolfgang den etwas längeren aber dafür landschaftlich interessanteren Königsweg vor.
Auch heute haben unsere Wanderführer Dietrich und Wolfgang für eine leichtere Tourenvariante für die etwas weniger Gehtüchtigen gesorgt. Dank für all ihre Mühen bringt nach dem Abschlussessen Reimer mit seiner unnachahmlichen Dichtkunst auch im Namen der Gruppe zum Ausdruck.
 

Sonntag, 27.04.2008 - Meißen - Rückfahrt nach Kiel

An unserem Abreisetag hat sich Kaiserwetter eingestellt: kein Wölkchen trübt den blauen Himmel. Für die „bloße“ Rückfahrt nach Kiel wäre dies Wetter fast zu schade, doch mit dem Besuch in der Porzellanstadt Meißen steht heute noch ein weiteres Glanzlicht dieser Wanderfahrt bevor.
Um 10.00 Uhr sind wir mit einer Stadtführerin verabredet, die uns auf dem 2stündigen Rundgang kompetent und humorvoll viel Wissenswertes erzählt. Meißen ist die Wiege Sachsens. Dom und Albrechtsburg sind die ersten Bauten geistlicher und weltlicher Herrschaft im Lande. Nachdem die Burg ihren Status als Residenzsitz an Dresden verloren hatte, forschte hier 1705 der gerade 23jährige Johann Friedrich Böttger nach dem Rezept zur Herstellung des „weißen Goldes“. Das erste Ergebnis seiner vielen Versuche hatte allerdings noch eine braune Farbe. Am 28. März 1709 konnte er dann August dem Starken offiziell die Erfindung des weißen Hartporzellans melden. Im historischen Stadtkern am Markt und in der Burgstraße befinden sich viele Bürgerhäuser aus dem 16. und 17. Jh..

Meißen ist heute ein Stadtdenkmal erster Güte mit dem Ambiente einer historisch gewachsenen Stadt, die man in Ruhe und genüsslich durchschlendern kann. Das macht sie auch für Touristen besonders anziehend. Dank der Bereitstellung vor allem auch öffentlicher Mittel im Zuge der Wiedervereinigung konnte die wertvolle Bausubstanz der Stadt gerettet werden. Für uns so selbstverständliche Dinge wie unterirdische Stromkabel, intakte Gasversorgungsleitungen und eine zentrale Kläranlage besaß Meißen zur Wendezeit nicht. Diese wurden auch erst im Rahmen eines Gesamtsanierungskonzeptes nach 1990 geschaffen. Fritz und ich haben Meißen bei unserem letzten Besuch in 1991 noch in einem deprimierenden Zustand gesehen und stellen mit Freude fest, dass es sich seitdem zu einem Schmuckstück entwickelt hat. Der Stadtrundgang endet an der Frauenkirche von 1457, die seit 1929 im Kirchturm ein Glockenspiel aus Meißener Porzellan besitzt.

In der traditionsreichen Weingaststätte Vincenz Richter (im Tuchmacherzunfthaus von 1523) ist schon das Mittagessen für uns vorbereitet, das wir nach der Begrüßung durch die Chefin des Familienbetriebes als „geschlossene Gesellschaft“ im mit antiken Gegenständen ausgestatteten Gastraum einnehmen. Dazu genießen wir ein Glas vom vorzüglichen Eigenbauwein des Hauses.
Die eine oder der andere unter uns nutzt noch die Gelegenheit, im benachbarten Geschäft ein kostbares Stück Meißener Porzellan zu erstehen, um sich oder auch andere damit zu erfreuen…
Um 13.00 Uhr geht es dann endgültig Richtung Heimat, und wir erreichen Kiel ca. um 20.30 Uhr.

 

Nachsatz

Für Fritz und mich waren die 8 Tage eine der schönsten Urlaubsreisen, die wir erlebt haben. Wir haben uns fest vorgenommen, diese Schatzkammer Deutschlands bald erneut zu besuchen. 
 

Bericht:  Monika Prüß

Fotos:    Renate Kunschmann (rk)
              Wolfgang Keibel (wk)