Wanderfahrt nach Ilsenburg im Ostharz (4.10 - 8.10.2009)

Fast noch in Niedersachsen aber dann doch schon in Sachsen-Anhalt liegt am Flüßchen Ilse der freundliche Ort Ilsenburg. Hier erwartete uns ein ansehnliches Hotel. Bereits beim Aussteigen aus dem Auto hörten wir das Rauschen der „hübschen“ Ilse.  

 
  

04.10.2009

Gleich am 1.Tag wanderten wir los in Richtung Ilsenburg. Oberhalb der Flussaue liegt das Kloster Ilsenburg, dessen Kirche wir einen kurzen Besuch abstatteten. Erbaut wohl zwischen 1078 und 1087 zeigt sich das romanische Gotteshaus nur noch mit dem mittleren und dem südlichen Schiff. Reste eines Gipsfußbodens mit Malereien sind zu erkennen. Das Benediktinerkloster wurde 1081 gegründet; bis zu 30 Mönche lebten darin.
Neuerdings entstand neben der Kirche, gefördert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, ein neues Kulturzentrum – in alten Mauern.
Vor dem waldreichen Wanderweg erreichten wir nach gut 3 km das Kloster Drübeck, ebenfalls an der Straße der Romantik gelegen. Nach einer Stärkung im Café, das einen kleinen aber feinen Buchladen besitzt, begann unter einer etwa 300 Jahre alten Linde eine informative Führung. Hier im evangelischen Zentrum werden u.a. Seelsorger fortgebildet; auch können sich Laien zu Freizeiten einmieten. Wir wurden durch die Klosterkirche Vitus geführt. Dabei fielen uns alte und neue Kunstwerke auf, z.B. die Kapitelle und der Dornbuschleuchter.
Draußen erwarteten uns umfangreiche Gartenanlagen. Hierin konnten im 18. Jahrhundert edle Damen individuell über eine von Mäuerchen umgebene Parzelle einschließlich eines Gartenhäuschens verfügen.
Ein wahres Kleinod wird im Zentrum hinter Glas aufgehoben:
Ein Altartuch aus dem 14. Jahrhundert, mit Leinen fein bestickt, vermutlich von Nonnen. 21 Quadrate, verbunden mittels Häkelei zu einem Ganzen, das verschiedene Szenen aus Christi Leben darstellt.
 

05.10.2009

2.Tag erreichten wir den höchsten Punkt unserer Reise, den Brocken (1142 m).
Hierfür wählten die „Spaziergänger“ die schnaufende und tutende Kleinbahn ab Werningerode. Auch manche Wanderer nutzten die für die halbe Tour, während andere sowohl hinauf als auch hinab stiegen, immerhin 900 Höhenmeter. Hierfür bot sich uns der bestens ausgeschilderte Heinrich-Heine-Weg an.

Im Jahre 1824 war der damals 27 Jahre junge Dichter in Göttingen gestartet und über Osterode, Clausthal und Goslar zum Brocken gewandert, durch das Ilsetal hinab nach Ilsenburg gelangt, um die Reisen nach Osten fortzusetzen. In seiner „Harzreise“ beschrieb er die Situationen und Begegnungen.
Für uns begann die Wanderung in Eichen- und Buchenwäldern, die, je höher wir stiegen, allmählich mehr oder weniger dichten Fichtenforsten Platz machten. Erst der Ilse folgend kamen wir zu deren Wasserfällen. Dann kletterten wir auf die Herrmannsklippen mit ihrem weiten Ausblick über die Eckertalsperre und das Harzvorland.
Auf einem Betonwabenweg, der bis 1989 militärischen Zwecken diente, wanderten wir schnaufend bis zu einem 900m-Schild. In dieser Höhe schaffen es manche Fichten nur noch bis zur Weihnachtsbaumgröße. Oberhalb erblickten wir krüppelige Bäumchen, die zum Gipfel hin chancenlos waren.
Wegen dieser und anderer botanischen Besonderheiten wurde ein Gebiet von Ilsenburg bis Herzberg zum Nationalpark erklärt. Um den Brocken herum soll die herkömmliche Waldwirtschaft eingestellt werden, sodass Urwälder entstehen werden.
Am Gipfel des Brockens betraten wir die kreisförmig angelegte Brockenuhr, eine Aussichtsplattform mit Hinweisplatten. Nahe beim Museum stehen Tafeln zu Ehren der Dichter Goethe und Heine.
 

06.10.2009

Die Wanderung am 3.Tag begann in Stapelburg, nahe bei Bad Harzburg im sanften Regen. Durch lichte Birkenwälder, den Eckerbach entlang, dann – ansteigend – durch Buchenbestände betraten wir die Rabenklippen (550 m). Ihr Felssporn besteht aus rötlichem, mittel-körnigem Granit. Er verwittert leichter als anderer Granitarten.
Umherkletternd blickten wir zum Eckertal hinüber in heile und von Borkenkäfern geschädigte Fichtenbestände. Langsam erschien die Sonne und jemand bemerkte, wir hätten „einen lichten Moment“.
Etwa auf gleicher Höhe bleibend schritten wir durch schöne bunte Wälder zum „Kreuz des Deutschen Ostens“, eine sehr beeindruckende Erinnerungsstätte an die Vertreibung nach dem 2.Weltkrieg. In einer nahen Hütte rasteten wir bei munteren Gesprächen und stiegen dann nach Bad Harzburg hinab. Hier war es sonnig und die Villen aus den Gründerjahren zeigten ihre vielfältigen Bauformen. Ein heiterer Brunnen reizte zu mancherlei Gesprächen.
Derweil erkundeten die Spaziergänger die Stadt Gernerode.
 

07.10.2009

Nachdem an den ersten drei Tagen schon mehrfach von alten Sagen aus dem Harz, speziell von Hexen gemunkelt worden war, wollten wir am 4.Tag Genaueres wissen.
Es ging weit in den östlichen Harz. Hinter Thale erwarteten uns die Rosstrappe und der schauerliche Hexentanzplatz.
Eine Sage erklärt, wie das hufeisenförmige Loch oben auf der nach ihm benannten Rosstrappe entstand:
Die schöne, weiß gekleidete, riesige Königstochter Brunhilde floh auf ihrem Zauberpferd vor dem gierigen Riesen Bodo. In ihrer Bedrängnis übersprang sie das Bodetal, verlor dabei aber ihre goldene Krone. Der ihr folgende Bodo stürzte in den Abgrund, wurde in einen Hund verwandelt und bewacht seither drunten die Krone.
Wir fanden weder Hund noch Krone, wohl aber einen warmen, lichten Hangwald mit Weißdorn, Hartriegel, Haselnuss und Goldrute. Auf dem holperigen Serpentinenweg gelangten wir etwa 200 m tiefer zur rauschenden Bode. Gelbes, rotes und noch grünes Laub leuchtete uns von den grauen Klippen entgegen.

Mal wurde das Tal enger, dann mussten wir ausweichend etwas höher hinauf, mal verbreiterte es sich, und wir marschierten fast unten, nahe am Wasser. Breit ausladende Äste überdachten die ruhigen oder springenden oder fallenden Fluten. Ein warmer Windhauch umfing uns vor dem Dörfchen Treseburg. Hier verließen wir das wilde Schluchttal, stiegen auf und erreichten über ebene Forstwege den Hexentanzplatz.
Wir erblickten die Hexe, den Teufel und die Wildsau, glitten in der Seilbahn bequem hinab ins felsige Bodetal, um im Sessellift zurück zur Rosstrappe zu gelangen.
Auch die „Spaziergänger“ hatten diese Stätte aufgesucht.
 

08.10.2009

Nach diesem „Auf-und-ab-Tag“ gestaltete sich der 5.Tag völlig anders, blieben wir doch in Ilsenburg selbst und unter Dach.
In der Fürst-Stolberg Hütte konnten wir bei einem Schaugießen teilnehmen.
Zunächst sahen wir, wie Gussformen mit flüssigem Eisen gefüllt wurden. Dann beobachteten wir, wie eine Gussform für ein Sternbild angefertigt wurde. Drittens zeigte man uns, wie die gegossenen Teile gereinigt und endbehandelt werden. Schließlich in den Verkaufsräumen angelangt, konnten wir unterschiedliche Erzeugnisse bewundern, z.B. Ofenplatten von 1569 mit der Josephsgeschichte.
Wir erfuhren, dass dieses alte, berühmte Werk nach der Wende von 10 Mitarbeitern erworben worden war, von denen einer uns geführt hatte.
Nach diesen fünf erfüllten herbstlichen Tagen fiel das Dankesagen leicht. Vorrangig dankten wir Dietrich Materne für die Planung und Durchführung, daneben auch Wolfgang Keibel für sein Mittun. Beiden wurde schriftlich attestiert, sie hätten das Programm gut „im Verborgenen gehext“ und auf den Ausflügen die „Punktlandungen begleitet“. 

Bericht:     Karl Schilke
Fotos:       Renate Kunschmann