Stubaier Höhenweg

In diesem Jahr hatten wir ein passendes Ziel für die Hüttentour der Bergwandergruppe schnell gefunden. Die Anzahl der Teilnehmer wuchs allerdings noch an. Insgesamt waren wir letztlich 10 Wanderer, die sich dann auf den Weg machten. In Mieders haben wir für den Tag der Anreise Quartier bezogen.

1.Tag Aufstieg zur Starkenburger Hütte und Hoher Burgstall

Unser Aufstieg von Neustift folgte so ziemlich der direkten Linie im steilen Hang, der den ganzen Tag in der Sonne liegt. Zumindest sobald man den Wald im untersten Bereich hinter sich gelassen hat. Wir machten viele Pausen und nahmen den Umweg über die Kaserstattalm, um dort kühle Getränke und die überragende Aussicht zu genießen. Da noch genügend Tagesproviant in den Rucksäcken lag, wurde bereits eine halbe Stunde später erneut Pause gemacht: diesmal zum Essen. An der Hütte angekommen wurden die Rucksäcke auf die Zimmer gebracht und ein Teil der Gruppe stieg noch einmal 300 Höhenmeter zum Hohen Burgstall auf. Wenn schon die Starkenburger Hütte ein toller Aussichtspunkt ist, der Gipfel toppt sie noch einmal.

2.Tag Panoramaweg zur Franz-Senn-Hütte

Da an diesem Tag eine lange Etappe vor uns lag und für den Nachmittag Gewitter angekündigt waren, sind wir früh losgegangen. Der Weg steigt zum Seejöchl auf. Von hier hat man einen guten Blick ins Sellrain, wo wir vor vier Jahren unterwegs waren. Weiter ging es entlang des Grates, immer mit guter Aussicht auf die vergletscherten Gipfel des Stubais. Mittags kehrten wir auf der Seduck-Hochalm ein. Auch hier tranken wir nur etwas, um anschließend etwas abseits unseren mitgebrachten Proviant zu verzehren. Danach folgten noch ein paar nette Kletterstellen und Bachüberquerungen und Dank Kays Antrieb kam die ganze Gruppe letztlich vor dem Regen in der Hütte an. Hier gab es kostenlose Duschen, Internetwetterbericht, abschließbare Schränke zum Akkuaufladen und Bevorzugung von Halbpensionsgästen.

3.Tag Rinnensee und Rinnenspitze

Die Vorhersage versprach vormittags trockenes Wetter und ab Mittag Regen. Die Realisten nahmen sich als Tagesziel nur den Rinnensee vor; die ganz Vorsichtigen gar nur den Talschluß mit seinem Gletschertor; während die Optimisten die Rinnenspitze angingen; immerhin ein fußläufiger 3000er. Im Aufstieg wurde eine einsame Gemse rasch zum gefragten Fotomotiv. Leider waren nachfolgende Gruppen nicht ganz so leise und schon nahm das Tier Reißaus. Kurz vorm Rinnensee trennten sich die Gruppen und rund eine Viertelstunde später standen wir bei einer Sichtweite von rund 50 Metern am Ufer und blickten auf den mit Eisschollen bedeckte See. Angelika ließ es sich nicht nehmen und stieg zu einem Vogelbad ins Wasser. Die Gipfelstürmer stiegen trotz schlechter Sicht unverdrossen empor. Einige kurze, mit Drahtseilen versicherte Kletterstellen unterhalb des Gipfels hielten sie nicht auf. Zur Belohnung klarte das Wetter auf. Im Abstieg statteten sie dem Rinnensee ebenfalls einen Besuch ab. Alle Grüppchen beeilten sich rechtzeitig wieder auf der Hütte zu sein, denn Kaiserschmarrn gab es nur bis 16.00 Uhr und diese Köstlichkeit wollte sich keiner entgehen lassen. Hüttengespräch am Abend war der Wetterbericht mit angekündigter Kaltfront: je später der Abend desto düsterer die Prognosen.

4.Tag Übergang zur Neuen Regensburger Hütte

Morgens wollten alle Gruppen früh aufbrechen, da es noch trocken war. Beim Aufstieg kamen wir in die Wolken, so daß nach und nach bunte Rucksackhüllen und Regenjacken zum Vorschein kamen. Zwei andere Gruppen überholten uns teilweise, und da sie noch größer waren, war das Chaos schnell perfekt. Niemand wußte mehr, wer wo war und wie weit hinten die Gruppenletzten unterwegs waren. Zur Pause fand sich unsere Gruppe wieder zusammen. Die Pausen an diesem Tag waren eh nur kurze Stehpausen. Es ging im Nebel durch Blockwerk und Schuttfelder zum Schrimmennieder.

Im Abstieg wurde das Wetter richtig ungemütlich, man hörte das Gewitter bereits im Nachbartal. Nun war Eile geboten. Bei Regen und Nebel sahen wir die Hütte erst im letzten Moment. Leider war der Gastraum mit Tagesgästen gefüllt und nach einer gefühlten Ewigkeit wurde uns endlich unser Quartier zugewiesen. Wir waren im Nebengebäude untergebracht – neben dem Hühnerstall. In unserem Matratzenlager fühlten wir uns ungefähr genauso, kühl war es außerdem. Wir verbrachten den Nachmittag und Abend gemeinsam mit einer lebhaften Schulklasse im warmen Gastraum. Die Wetterignoranten unserer Gruppe beschäftigten sich mit dem Übergang über das Grawagrubennieder am nächsten Tag. Aber über Nacht kam dann der Schnee.

5.Tag Die Baustelle bei der Dresdner Hütte

Im klammen Hühnerstall hatte keiner gut geschlafen; ganz besonders nicht diejenigen, die nur durch eine dünne Bretterwand von der frostkalten Nacht getrennt waren. So trudelte die Gruppe schon früh zum Frühstück ein. Danach ging es durch eine weiße Winterlandschaft hinab ins Tal. An der Bushaltestelle verabschiedeten wir uns von Almut und Fabian, die beschlossen hatten, einen Tag früher als geplant die Heimreise anzutreten. Der Rest fuhr in die andere Richtung. Da wir keine Lust hatten bei Schneeregen zwei Stunden zur Hütte aufzusteigen, fuhren wir mit der Seilbahn. Als wir aus dem Stationsgebäude traten, fanden wir uns mitten auf einer Großbaustelle wieder; Betonmischern und Muldenkippern ausweichend gelangten wir zur Dresdner Hütte. Das Wetter wurde nicht besser und so vertrieb sich jeder den restlichen Tag auf seine Weise.

6.Tag Grawawasserfall und Sulzenauhütte

Morgens beim Blick aus dem Fenster sah man nichts. Immer noch in den Wolken! Dazu wehte ein eklig feuchter Wind und der Schnee war immer noch da. Da wurde es auch nichts mit dem Übergang über das Peiljoch. Damit entging uns der Genuß, die schönen Lifte im Gletscherskigebiet zu bewundern. Also stiegen wir wieder ins Tal ab, wanderten parallel zur Straße zum Grawawasserfall und stiegen von dort zur Sulzenau-Alm auf, wo man sich stärken und wärmen konnte. Von dort ging es dann hinauf zur Sulzenauhütte. Ein Teil der Gruppe machte noch einen Spaziergang zur Blauen Lacke und bewundert dort die vielen kleinen Steinmänner.

7.Tag Verschneites Joch zur Nürnberger Hütte

Morgens teilte sich die Gruppe. Die Hälfte, die schon am vorigen Tag die Blaue Lacke besichtigt hatte, ging schon mal langsam vor. Der Rest holte die Besichtigung des kleinen Sees nach. Anschließend folgten wir den anderen. Bei einer Höhe von 2400 m lag die Schneegrenze. Dort trafen wir auf entgegenkommende Wanderer, die von der Mairspitze abstiegen. Da der Gipfel in den Wolken lag, hatten sie keine Sicht gehabt. Wir entschieden uns daher, nur über das Niederl zu gehen. Die letzten 50 Höhenmeter mußten wir an Drahtseilen durch verschneite Felsen klettern. Auch im Abstieg ging das spannende Wegsuchen im Schnee weiter. An vielen Stellen war besondere Vorsicht geboten. Zum Glück war die Tagesetappe heute nicht so lang.

Die Kuchenauswahl auf der Hütte war gut, das war das richtige für unsere Gruppe.

 

8.Tag Steinböcke bei der Bremer Hütte

An diesem Tag kamen die ersten Kletterstellen schon im Abstieg zum Langetalbach. Auf der anderen Bachseite ging es an Drahtseilen wieder steil hinauf. Anschließend wanderten wir über Gletscherschliffplatten zum „Paradies“, wo wir eine Pause einlegten. Die Bedingungen waren leider nicht sehr himmlisch. Anschließend näherten wir uns abermals verschneiten Kletterstellen und den Schneefeldern unterhalb vom Simmingjöchl. Im Gegensatz zum vorigen Tag waren sie deutlich länger und steiler. Auf dem zugigen Joch reichte es nur für eine kurze Rast. Niemand wollte lange bleiben. Der Abstieg war eine Mischung aus Schnee, Schutt und Schlamm. Der erste vernünftige Pausenplatz wurde dann genutzt. Obwohl wir die Bremer Hütte schon sehen konnten, dauerte es doch noch eine ganze Weile bis wir sie erreichten: eine Herde Steinböcke äste nicht weit vom Weg und wollte ausgiebig bewundert und fotografiert werden.

Da inzwischen die Sonne schien, wurden Kuchen und Kaiserschmarrn auf der Hüttenterrasse genossen. Vor dem Abendessen inspizierten wir noch die Schlüsselstelle des nächsten Tages: ein Kamin von 30 Metern Höhe, der Klettersteigcharakter hat.

9.Tag Über dem Gschnitztal zur Innsbrucker Hütte

Trotz Rucksack hatte keiner am nächsten Morgen Probleme mit dieser Stelle. Angelika und Uwe nahmen im nahegelegenen Lautersee noch ein erfrischendes Bad; ein Teil der Gruppe ging schon mal vorweg. Das Wetter war gut und wir hatten endlich wieder Weitsicht; zudem bietet der Höhenweg eine phantastische Aussicht. In beeindruckender Landschaft ging es an diesem langen Tag im steten Auf und Ab über drei Jöcher. Zur Mittagszeit trafen wir den Gegenverkehr, der von der Innsbrucker Hütte kam, und tauschten uns über die Bedingungen aus. Als wir auf dem letzten Joch standen und endlich das Tagesziel sahen, dachten wir nicht, daß der Abstieg noch eine Stunde dauern würde. Das anschließende Bier auf der Hüttenterrasse war redlich verdient.

10.Tag Habicht

An diesem Tag sollten die Wolken erst gegen Mittag aufreißen. So hatten die Gipfelsammler es morgens nicht eilig, von der Hütte aufzubrechen. Über Matten und Felsen ging es eine ganze Weile hinauf. Drahtseilversicherungen, Klettereien, schottriges Blockgelände und Schneefelder wechselten sich dann auf dem Weg zum Gipfel ab. Da wir uns immer noch in den Wolken befanden, wurde vorschnell ein Gratturm für den Gipfel gehalten. Doch die Markierungen führten in eine andere Richtung. Einen Grat und ein Schneefeld später konnten wir dann das Gipfelkreuz sehen. Einen kurzen Blockgrat noch und dann standen wir auf dem Gipfel. Aussicht in Richtung Talschluß hatten wir leider nicht, dafür reichte die Fernsicht in die andere Richtung bis zu den Dolomiten. Im Abstieg konnten wir etwas Zeit einsparen, indem wir ein Schneefeld direkt abfuhren.

11.Tag Über dem Stubaital

Daß die Innsbrucker Hütte wieder näher an der Zivilisation liegt, merkten wir an den Mountainbikern, die auf der Hütte verkehrten. Der Wetterbericht hier bestand nur noch aus einer drei Tage alten Zeitungsseite; dafür war das aktuelle Horoskop mit ausgehängt. Zum Glück waren wir auf die Informationen nicht mehr angewiesen. Das Wetter war prächtig und wir stiegen zügig zur Karalm ab. Für den Panoramaweg zur Elferhütte nahmen wir auch den Wiederanstieg in Kauf und wurden mit tollen Aussichten belohnt.

Je weiter wir uns der Hütte (und der Seilbahnstation) näherten, desto mehr Leute kamen uns entgegen. Auf der Elferhütte haben wir nur eine Erfrischung genossen. Während des Abstieges zur Seilbahnstation konnten wir die vielen Gleitschirmflieger aus nächster Nähe beobachten. Knieschonend schwebten wir mit der Bahn in die Tiefe und fielen ausgehungert beim Bäcker ein.

Der Stubaier Höhenweg ist auf jeden Fall eine Reise wert. Man darf sich von dem (Ski-)Zirkus um und oberhalb der Dresdner Hütte nicht abschrecken lassen. An vielen Stellen ist man abseits vom Massentourismus unterwegs. Man sollte allerdings die langen Tagesetappen nicht unterschätzen.

Beschreibungen finden sich u. a. bei R. Gantzhorn/A.Seeger (Hüttentrekking Ostalpen) und M. Zahel (Hüttentrekking im Stubai).

Susanne Bartelt und Kay Ahrend