Auf dem Maximiliansweg

Der Maximiliansweg ist ein Fernwanderweg mit rund 22 Etappen zwischen Lindau am Bodensee und Berchtesgaden. Er verbindet die Panoramen der Nördlichen Kalkalpen und des Voralpenlandes mit der guten oberbayerischen Infrastruktur. Mit seinen alpinen Varianten lässt sich der Schwierigkeitsgrad beliebig steigern.

Ende September hatten Susanne und ich zwei Wochen Zeit, ein paar Etappen zu laufen. Unser Gepäck wollten wir, wie auf Hüttentouren, selbst tragen und sehen, wie weit wir kommen würden; für den ganzen Weg reichte unser Urlaub ohnehin nicht aus.

Für die Planung wurde erst einmal der Führer aus der Sektionsbücherei ausgeliehen und dann noch fleißig im Internet recherchiert. Wichtige Informationen zum Übernachten und evtl. Transfers wurden in eine große Excel-Tabelle geschrieben und schon konnten wir starten.

Lindau - Alberschwende

Da wir die erste Alpinvariante gehen wollten, war es nötig, gleich zu Beginn möglichst eine halbe Tagesetappe einzusparen. Dazu ersetzten wir 10 km Uferwanderweg entlang des Bodensees (neben einer Bundesstraße) durch eine „zünftige Seefahrt“ von Lindau nach Bregenz. Während der Fahrt hatten wir gute Sicht auf die dunklen Wolken über dem Bregenzer Wald. Immerhin sollte das Wetter zum Nachmittag besser werden. Quasi zum Eingewöhnen ging es eine ganze Weile entlang der Seepromenade von Bregenz bis zur Einmündung der Bregenzer Ache, an der wir dann entlang nach Wolfurt wanderten. Bis hierhin war alles ganz einfach, doch jetzt begann der Aufstieg zum Schneider. Gut, dass nach ¾ des Weges das Gasthaus Dreiländerblick liegen sollte. Ein Kaffee oder eine Apfelsaftschorle käme gerade recht. Vor Ort mußten wir feststellen, daß das Gasthaus wohl schon seit über einem Jahr geschlossen hatte. So genossen wir auf einer einsamen Bierbank auf der Terrasse unser mitgebrachtes Wasser und den mittlerweile vorhandenen Sonnenschein. Irgendwann hatten wir dann genug auf den Bodensee geschaut und machten uns an den restlichen Anstieg. Der höchste Punkt unserer Tagesetappe lag recht unspektakulär auf einer kleinen Kreuzung. Beim Abstieg sollte man aufpassen, daß man den Abzweiger über die Wiese in den Wald nicht verpasst. Danach ging es im Wald durch einen übermannshohen Hohlweg steil hinab. Weglos über Wiesen erreichten wir am Nachmittag Alberschwende.

Alberschwende – Hittisau

Strahlender Sonnenschein und einige letzte Dunstschwaden - das waren die Bedingungen als wir unser Quartier am nächsten Morgen verließen. Über eine Skipiste war der Wald unterhalb des Brügglekopfes (1182 m) schnell erreicht. Schnell noch ein paar Fotos machen und dann ging es einen kleinen Pfad bergauf. Der Weg wurde immer steiler und gab uns schon mal einen Vorgeschmack auf das, was wir in den nächsten Tagen noch erleben sollten. Da der Lehm durch den Regen an den vergangenen Tagen so richtig schön feucht war, tat man gut daran, sich ab und an einer Wurzel als Griff zu bedienen. Schon nach 1½ Stunden standen wir auf dem Gipfel und genossen das prächtige Panorama im besten Sonnenschein. Auch hier hatte das Gasthaus geschlossen. Dafür konnten wir uns unserer Kaffeepause unverhofft in Kaltenbrunnen erfreuen. Von hier und auch während des Abstieges hatten wir eine tolle Aussicht, im Prinzip eine perfekte Modellbahnlandschaft. Kurz hinter Müselbach mussten wir noch einmal die Bregenzer Ache überqueren: recht unschön auf einer viel befahrenen Bundesstraße mit übermannshohen Gittern links und rechts der Straße. Man kam sich vor wie in einem Käfig. Am Nachmittag war es so warm geworden, daß wir auf kurze Hosen wechselten. So ging es dann nach Lingenau, wo wir uns auf dem Kirchplatz noch einen Kaffee gönnten. Dadurch daß der Führerautor in seinem Höhenprofil 200 Hm schlichtweg vergessen hat, war unsere Laune vor dem anschließenden Aufstieg zum Rotenberg recht gut. Aber nach jedem Aufstieg folgt auch ein Abstieg und so erreichten wir am Nachmittag Hittisau, nicht ohne die Aussichten auf den Hohen Ifen und die Nagelfluhkette zu würdigen.

Hittisau – Staufener Haus

Heute wollten wir auf der alpinen Variante des Maximiliansteiges zum Staufener Haus. Bei bedecktem Himmel ging es am Morgen über die Bolgenach zum Weiler Reute. Der direkte Weg zum Gasthaus unterhalb des Hochhädrich (1566 m) ging frontal und steil den Berg hinauf. Zum Glück kannte der Autor des Führers eine Variante, die einen Großteil der Höhenmeter mit 3 bis 4 gnädigen Serpentinen erreichte. Da man auf den Almen schon die Zäune und mit ihnen wohl auch die Wegmarkierungen niedergelegt hatte, fanden wir den Weiterweg teilweise nur mühsam. Das Gasthaus hatte offen ! Wir entschieden uns für eine kurze Kaffee-Einkehr. Danach ging es dann immer am Grat entlang Richtung Staufener Haus. Bereits nach wenigen Minuten findet man sich plötzlich im hochalpinen Gelände wieder. Das Besondere an der Nagelfluhkette ist, daß die Felsen aus Kalkgestein mit eingebackenen Kieseln bestehen. Es erinnert stark an Waschbeton – nur die Kiesel sind größer. Bei Regen sind die Felsen, trotz Seilversicherung bestimmt gefährlich glatt. Wir mussten über Baumwurzeln kraxeln, uns durch Schlammpfützen kämpfen und auf schmalen Graten balancieren. Also ein rundherum gelungener Tag, wenn es nicht so kühl gewesen wäre. So waren wir froh, als wir schließlich die Hütte erreichten. Zum ersten Mal auf dieser Tour übernachteten wir auf einer AV-Hütte. Abends wurde es richtig gemütlich, denn mit ein paar Runden Nuß-Schnaps wurde ein runder Geburtstag eines weiteren Norddeutschen gefeiert werden.

Staufener Haus – Sonthofen

Nachts war der angekündigte Neuschnee gefallen und als wir am Morgen frühstückten, wirbelten die Schneeflocken immer noch lustig vom Himmel. Bei diesen Bedingungen war an den Weiterweg auf dem Grat der Nagelfluhkette nicht zu denken - also ins Tal absteigen. Dabei kamen die Wanderstöcke dann noch zum Einsatz, denn in der Umgebung der Seilbahnstation (sie fuhr bei dem Wetter ohnehin nicht und war außerdem auf der falschen Seite des Berges) mußte jeder Wegweiser freigekratzt werden. Bekanntlich geht der Schnee in tieferen Lagen in Regen über und als wir an der Alpe Scheidwang ankamen, hatten wir noch einen rund zweistündigen Fußmarsch bis zur nächsten Bushaltestelle vor uns. Wirklich Spaß macht das nicht. Wir bestellten ein Taxi und auf luxuriöse Weise fuhren wir nach Sonthofen. Dadurch hatten wir nebenbei einen halben Ruhetag gewonnen, den wir für weitere Planungen verwendeten; denn inzwischen hatten wir erfahren, daß in den Voralpen die Hütten an den Samstagen bereits zwei bis drei Monate im Voraus ausgebucht sind.

Weder auf dem Tegelberghaus noch auf der Kenzenhütte war für Samstag noch ein Schlafplatz zu bekommen. Also wurden die nächsten Etappen etwas gekürzt und ein zusätzlicher Gipfel mit eingeschoben und schon passte die Tourenplanung wieder.

Sonthofen – Unterjoch

Vorbei an der Burgruine Fluhenstein ging es am Morgen zum Weiler Breiten. Der Weg war zwar nur eine einfache Teerstraße, aber im Normalfall wäre es ein toller Panoramaweg gewesen. Nur leider hatten sich an diesem Tag die Allgäuer Berge in den Wolken versteckt. Den Aussichtspunkt Bildstöckle (ein paar Minuten abseits vom Weg) schenkten wir uns, da es ohnehin keine Fernsicht gab. Trotz der niedrigen Temperaturen wurde uns bei dem nächsten Anstieg warm; denn der Westgrat des Tiefenbacher Ecks (1569 m) ist sehr steil und der Weg führt frontal hinauf. Auf der sumpfigen Gipfelweide war die Orientierung nicht ganz einfach, zudem fehlten die Markierungen. Als wir den Baoleskopf erreichten, konnten wir zwar unseren Weitweg zum Spieser sehen aber leider immer noch keine Berge vom Allgäuer Hauptkamm. Eine steile Wiese hinab, dann durch Wald und schon war ein Holzbohlenweg durch ein schönes Hochmoor erreicht. Vorbei an ein paar letzten Kühen standen wir eine halbe Stunde später auf dem Spieser (1651 m). Auch hier gab es keine Sicht und kalt war es zudem auch noch, dafür bekamen wie die Information, daß die Alm etwas unterhalb noch offen hatte. Den kleinen Umweg nahmen wir gern in Kauf. Nach einem heißen Kaffee begannen wir den Abstieg zuletzt auf einer morastigen Skipiste zu unserem Hotel.

Unterjoch – Pfronten

Der eigentliche Weg erreicht Pfronten unspektakulär auf Talwegen, wir wollten aber noch einen zusätzlichen Gipfel besteigen. Morgens gingen wir bei strahlend blauem Himmel durch Unterjoch und auf einer ansteigenden Forstpiste Richtung Sorgschrofen (1635 m). Nachdem wir den Berg halb umrundet hatten, stiegen wir eine Lichtung hinauf zu einer Alm (natürlich geschlossen). Vorbei an der Bergstation eines Sessellifts erreichten wir den nördlichen Gipfelgrat. Bald begann die Schrofenkletterei, die eigentlich Spaß macht, aber an diesem Tag war der Fels kalt. Trotzdem standen wir bald auf dem Gipfel und konnten zumindest bis weit ins Alpenvorland schauen. Am Allgäuer Hauptkamm hatten sich wieder die Wolken breitgemacht. Nach einer Mittagspause ging es steil über eine Skipiste hinab in die österreichische Exklave Jungholz. Von dort ging es hinab in das Tal der Vils und jetzt wieder auf dem Maximiliansweg lange entlang des Flusses nach Pfronten.

Pfronten – Füssen

Den Aufstieg auf den Falkenstein (1267 m) über den Westgrat kannten wir schon von früheren Urlauben. So erreichten wir zügig den Gipfel mit seiner Burgruine, auf dem König Ludwig II. ein weiteres Schloss geplant hatte. Kaum waren wir oben und hatten ein paar Fotos von der Aussicht gemacht, da zogen auch schon wieder die Wolken in die Berge. Weiter ging es über den langen Zirbengrat aussichtsreich zur Saloberalpe. Hier war mächtig viel Betrieb (immerhin war Wochenende) und nach kurzer Pause stiegen wir zum Alatsee ab. Von dort aus ging es entlang des Faulenbaches nach Füssen.

Füssen – Tegelberghaus

Mit Blick auf dem Lechfall ging es über eine Fußgängerbrücke Richtung Schwansee. Am Alpsee entlang führte uns der Weg nach Schloß Hohenschwangau. Hier tummelten sich Hunderte von Touristen aller Nationen unterwegs nach Schloß Neuschwanstein. Auch wir wollten in diese Richtung; mußten aber feststellen, daß die Marienbrücke, die über die Pöllatschlucht führt, gesperrt war (Sanierung ist inzwischen abgeschlossen). Somit war der Weg über den Westgrat auf den Tegelberg plötzlich nicht mehr möglich. Über die Fahrwege und das Forsthaus Bleckenau wollten wir nicht. Also machten wir uns auf zur Talstation der Tegelbergbahn, um von dort den Weg durch die Gelbe-Wand-Schrofen zu erreichen. Wir hatten den Weg schon zweimal gemacht und trauten uns diesen versicherten Steig auch mit den großen Rucksäcken zu. Inzwischen war der versicherte Steig allerdings zu einem Lehr-Klettersteig umgebaut worden. Susanne war erst skeptisch, aber die positive Erinnerung an problemlose Durchsteigungen bewogen auch sie, ohne Klettersteigausrüstung einzusteigen. Zügig ging es voran, den einen oder anderen Klettersteiggeher konnten wir sogar überholen. Leider hat die Routenführung unter den zusätzlichen Stahlseilen gelitten, die zudem oft auf Kniehöhe angebracht waren, was mit großem Rucksack besonders beschwerlich war. Beeindruckend war der Herr, der uns mit seinem Hund unter dem Arm, überholte; Rabeneltern wollten uns ihre Kinder mitgeben, damit sie in Ruhe Bergsteigen konnten - man erlebt so allerhand auf einem Familien-Klettersteig. Erst in Gipfelnähe merkten wir, wie windig und kalt das Wetter an diesem Tag war. Am Tegelberghaus angekommen verzogen wir uns gleich aufs Lager, denn die Gaststube war gut gefüllt.

Tegelberghaus – Linderhof

Morgens hatten wir beste Sicht, aber die Tische auf der Terrasse waren mit Rauhreif überzogen. Nach einem reichlichen Frühstück (wir wurden sogar aufgefordert, die Reste vom Büfett mitzunehmen) ging es Richtung Kenzenhütte. Unser ursprünglicher Plan sah vor, von hier aus die Krähe zu besteigen, aber angesichts der tiefen Temperaturen verzichteten wir darauf. Mit Mütze und Handschuhen wählten wir stattdessen die uns schon bekannten königlichen Reitwegen zum Gabelschrofensattel. Während einer Pause erfreuten wir uns an einem Rudel Gämsen. Nach ca. 5 Stunden erreichten wir die Kenzenhütte, aber wir wollten an diesem Tag noch weiter. Röhrende Hirsche begleiten unseren Weiterweg. Über den Bäckenalmsattel und durch das Tal des Sägentalbaches erreichten wir schließlich über ewig lange Forstwege unser Ziel. Leider hatten sowohl unser Führer wie auch die Ausschilderung vor Ort einen Fehler, auf jeden Fall war die Gehzeit deutlich länger als angegeben, womit sich die Entscheidung vom Morgen, über den Gabelschrofensattel zu gehen, letztlich rächte. Quartier bezogen wir allerdings nicht im Schloß Linderhof, sondern im nahegelegenen Schloßhotel.

Linderhof - Lindau

Der Weiterweg zum Pürschlingshaus war wegen Felssturzgefahr gesperrt, so dass wir unvermittelt in einer Sackgasse steckten (die maroden Felsen sind inzwischen gesprengt worden und der Weg ist wieder frei). Nach einer weiteren Nacht mit Rauhreif (diesmal auch im Tal) beschlossen wir am Morgen, unsere Wanderung auf dem Maximiliansweg für dieses Jahr zu beenden und fuhren mit dem Zug zurück nach Lindau zu unserem Auto.

Text und Bilder: Kay Ahrend und Susanne Bartelt