Von den Walserdörfern ins Aostatal

Zwei Wochen auf der GTA

Nachdem wir bereits im vergangenen Jahr zwei Wochen auf der GTA unterwegs waren, wollten wir gerne weitermachen. Von dem Startpunkt Forno versprachen wir uns einen angenehmeren Einstieg, als vom Endpunkt des vergangenen Jahres. Den Teil von Campello Monti bis Col Baranca kannten wir somit schon, hatten aber gut geeignete Tage zum Eingehen.

Dieses Jahr hatten wir uns entschieden, von Hamburg nach Mailand zu fliegen und mit Bussen bis nach Forno zu fahren. Im Landeanflug auf Mailand konnten wir bereits die 4000er des Wallis unter uns bewundern. Es war eine traumhafte Sicht, selbst vom Flughafen Malpensa Richtung Alpen thronte der Monte Rosa über den Bergen.

Nachmittags um 15:00 Uhr konnten wir endlich aus dem Bus steigen. Auf alten Wegen wanderten wir entlang des Baches talaufwärts. Hier im obersten Stronatal kamen wir durch überwiegend verlassene Weiler, einzelne Häuser waren noch bewohnt. Der Weg war nicht einfach; wir waren im Gebirge angekommen.
Campello Monti hatte sich nicht verändert. Zudem hatten wir noch das gleiche Zimmer wie im letzten Jahr. Am nächsten Morgen beglichen wir unsere beschämend niedrige Rechnung.

Am ersten Tag kamen wir nicht so früh los und so war es beim Aufstieg bereits sehr warm.
Im Rückblick lag der Abstieg, den wir im letzten Jahr gegangen waren. War das wirklich im letzten Jahr – mir kam es plötzlich wie gestern vor. In diesem Jahr gab es unterhalb der Bocchetta di Campello sogar noch Schneefelder. Wir wollten eigentlich noch auf den Punta del Pizzo steigen, um von dort das tolle Panorama mit dem Monte Rosa zu geniessen, ein Schild leitete uns aber in die Irre, was wir erst eine Weile später merkten. Letztlich fanden wir doch den Gratweg und deponierten unsere Rucksäcke auf der nächsten Gratschulter. Zwei Aufschwünge höher sahen wir, dass sich der Monte Rosa immer mehr in Wolken hüllte, so dass von der erhofften Aussicht nicht mehr übrig bleiben würde, als wir gerade vor uns hatten. So kehrten wir zu unseren Rucksäcken (und dem Wasser) zurück.
Nach einer Mittagspause ging es dann hinunter Richtung Rimella. Dieses Jahr ließen wir San Gottardo links liegen und wanderten auf dem ausgeschilderten Weg ins Tal. Schon am vorigen Tag hatten wir uns an vereinzelten blühenden Goldregenbäumen erfreut; aber hier blühten sie in aller Pracht. Im Sonnenlicht tanzten Unmengen von kleinen Blütenblätter im Wald, schlagartig war klar, was es mit dem Namen „Goldregen“ auf sich hat.
In Rimella sind wir wieder im Hotel Fontane abgestiegen; das legendäre Abendessen mit seinen vielen Antipasti-Gängen wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Am nächsten Morgen wurden wir ausgiebig verabschiedet; man muss schon zusehen, dass man hier nicht zu viel Zeit liegen lässt.

Der Weg ging durch den Wald steil bergauf. Erst kurz vor der Alpe Rees konnten wir die Aussicht auf die umliegenden Berge geniessen. Von der Alpe ging es über die Weiler Belvedere und Boco Superiore hinab nach La Piana. Hier lockte eine Osteria mit Free-WLan zur Einkehr. Nach drei Tagen wollten wir gerne mal wieder einen Wetterbericht haben und kühle Getränke mit Schinkenhäppchen serviert waren in der Mittagshitze ein Genuss. Leider half es alles nichts, nun musste eine halbe Stunde auf einer Teerstraße überstanden werden. Danach kam der Aufstieg zur Alpe Baranca in nachmittäglicher Hitze. Der letzte Baum und die letzte Quelle wurden noch genutzt, trotzdem zog sich der Weg. Auch hier waren in diesem Jahr noch Altschneefelder zu sehen; die hatte es im letzten Jahr (zur gleichen Zeit) nicht mehr gegeben.  
Es war Sonntag war und als wir auf der Alpe ankamen herrschte noch Hochbetrieb. Da es nur ein Bad gab, wurde das Duschen verschoben und das Wandershirt kurzerhand im Bach ausgespült. Über Nacht wollten nur zwei weitere Bergsteiger aus Schwaben bleiben und so wurde es am späten Nachmittag ruhig. Die Wirtin organisierte für uns ein Zimmer für die nächste Nacht; die Renovierungsarbeiten im Hotel Alpenrose in Carcoforo waren noch nicht abgeschlossen, sie wollten erst in zwei Tagen wiedereröffnen. Wir waren froh, ein Quartier zu haben.

Auf gut ausgebautem Weg ging es am nächsten Tag hinauf zum Lago Baranca. Hier oben lag recht dichter Nebel, die Sicht war nicht sehr weit – eine gespenstische Atmosphäre. Im Aufstieg zum Colle d‘ Egua wurde die Sicht teilweise besser. Als es kurz aufriss, ahnten wir, in welch großartiger Landschaft wir unterwegs waren.
Vom Pass aus und vom nahegelegenen Gipfel sollte man eine schöne Aussicht auf den Monte Rosa haben. Aber bei diesem Wetter machte es für uns keinen Sinn, zum Il Cimone aufzusteigen. So bummelten wir Alpe für Alpe hinab nach Carcoforo. Unterwegs holten uns die beiden Schwaben ein, die noch auf dem Cimone gewesen waren, aber auch keinen Monte Rosa gesehen hatten.
In Carcoforo wurde erst einmal die Bar (am Rio Fornetto) aufgesucht. Hier hatten wir zudem das Glück auf jemanden zu treffen, der uns zu unserem Quartier führte, denn eine richtige Adresse hatten wir nicht. Den Nachmittag nutzten wir für eine Ortsbesichtigung: das ehemalige Ristorante im Ort existierte nicht mehr und das Lebensmittelgeschäft hatte nur zwei Stunden täglich geöffnet, zeitlich leider unpassend für uns. Wir kauften Käse beim Agriturismo Alpe Brüc. Abendessen bekamen wir in der Bar La Frangalla. Während des Abendessens gab es ein kräftiges Gewitter, zum Glück konnten wir uns für den Rückweg Regenschirme leihen. Am nächsten Morgen hatte der Wirt extra für uns geöffnet; die Schwaben kamen auch noch, sie wollten noch einen guten Kaffee genießen.

Während des Aufstiegs zum Colle del Termo konnten wir unseren gestrigen Abstiegsweg gut einsehen. Der Aufstieg zog sich, in der grünen Vegetation sah fast alles ähnlich aus, man hatte das Gefühl, kaum voranzukommen. Oben am Pass sah das Wetter nicht mehr gut aus. Wir machten nur kurz Pause. Der Weg durch die Steilgraspassagen ist entschärft worden und so stiegen wir zügig ab. Inzwischen hatte es zu tröpfeln begonnen und als wir die Waldgrenze erreichten, regnete es. Mit Regenzeug stiegen wir weiter ab. Ein kleines Gewitter beschleunigte unsere Schritte. Letztlich warteten wir unter einem dichten Baum einen kräftigen Schauer ab. Als der Regen nachließ, stiegen wir weiter ab. Erst kurz vor Rima sahen wir den Ort. Für die 1.000 Hm hinab brauchten wir auf dem guten Weg mit Schauerpause nur anderthalb Stunden. Am Nachmittag hatten wir Zeit, den kleinen Walserort zu besichtigten; dabei konnten wir Bergsteiger beobachten, die nicht so trocken geblieben waren wie wir. Quartier bezogen wir in einer kleinen Pension (Vecchia Albergo Tagliaferro), wo wir die einzigen Gäste waren. Die Wirtin kochte nur für uns, das Essen war wieder sehr gut, das Zimmer aber auch. Nach mehreren Versuchen hat sie dann auch unser nächstes Quartier erreicht und uns dort angemeldet. Wir wußten nun, dass wir in Pedemonte im ***-Hotel nächtigen konnten, den Preis kannten wir allerdings nicht.

Auch der Aufstiegsweg zum Colle di Mud war gut angelegt. Zügig konnten wir an Höhe gewinnen. Im Bacheinschnitt lag noch viel Schnee; neben uns blühten noch die Alpenrosen. Der Pass selbst war nicht einladend für eine Mittagspause; hierfür nahmen wir den Umweg zum Rifugio Ferioli. Diese hatte zwar in der Woche geschlossen, aber auf der Hüttenterrasse konnten wir in der Sonne sitzend die tolle Aussicht genießen. Der ruppige Abstieg erforderte danach volle Konzentration. Unser kleines Hotel (Montagna di Luce) fanden wir auch bald in einem Vorort von Alagna. Das Zimmer war wirklich schön und der Preis angemessen. Nachmittags hatten wir Zeit, uns in Ruhe das benachbarte Walsermuseum anzusehen. Der Dokumentationsfilm war sehr informativ, wir hatten Glück, ihn auf deutsch zu sehen. Der Ort an sich ist quasi ein Museum, hier ist noch alles in der traditionellen Bauweise erhalten.

Für den nächsten Tag hatten wir einen Abstecher von der GTA eingeplant. Wir wollten (mit Seilbahn) über Pianalunga und Passo Foric (von hier soll man eine tolle Sicht auf den Monte Rosa haben) ins Val Otro. Doch der Wetterbericht versprach für den Tag Regen. Bereits morgens war der Himmel  wolkenverhangen, bei diesem Wetter würden wir keine Sicht auf die umliegenden Berge haben. Als wir nach dem Frühstück unsere Rucksäcke packten, ging auch noch ein kräftiger Schauer nieder. Wir warteten ihn ab, machten noch ein paar Einkäufe in Alagna und stiegen gemütlich auf dem Hüttenweg direkt nach Follu hinauf. In zwei Stunden erreichten wir zur Mittagszeit die Hütte Zar Senni. Am Nachmittag konnten wir sogar bei Sonnenschein die im Hochtal liegenden Weiler anschauen. Auch hier war noch alles in Walser-Bauart erhalten. Selbst ein Haus, dass grundlegend renoviert wurde, wurde in diesem Stil wieder errichtet. Auch hier waren wir die einzigen Übernachtungsgäste. Betrieb war im Gastraum trotzdem, da er gleichzeitig als Kantine und Bar für den Ort diente und als Wohnzimmer für die Familie.

Die Wirtin empfahl uns am Morgen noch einen kleinen Abstecher zur ehemaligen Seilbahnstation Belvedere zu machen. Von dort sollte man eine gute Aussicht auf die umliegenden Berge, den Monte Rosa und Alagna haben.  Da die heutige Etappe eh kurz war, machten wir den kleinen Ausflug dorthin. Die gute Aussicht wächst allerdings langsam zu und die ersten Wolken rückten auch schon wieder an. Anschließend stiegen wir nach Alagna ab. Auf einem Talweg linksseitig der Sesia erreichten wir Balme, von dort ging es nach Riva Valdobbia mit einem beeindruckenden Wandgemälde an der Kirche. Praktischerweise gab es hier auch gleich eine Bar.
Am Beginn des Val Vogna mussten wir leider erst einmal auf der Straße gehen. Die Hinweistafel auf einen Höhenweg haben wir nicht so richtig zur Kenntnis genommen. Aber eigentlich hätten wir hier schon die Straße verlassen können. So konnten wir am Rifugio Sant‘ Antonio noch einkehren. Von dort stiegen wir dann aber nach Rabernardo zum weiter oben liegenden Wanderweg auf. Von dort ging es im leichten auf und ab entlang der Höhenlinie zum Weiler Peccia, wo wir im Baita Prato della Croce ein Zimmer bekommen hatten. Dieses verkürzte die anstehende Etappe ein wenig. Es ist das letzte Haus im Ort und über mehrere Stockwerke in den Hang gebaut, so dass wir eine Weile brauchten, um unsere Wirtsleute zu finden. Den Nachmittag verbrachten wir auf der Veranda bequem auf einem Sofa sitzend, dem Wetter bei Sonne und Regen zuschauend – wir lernten die Vorzüge der Walser-Bauweise zu schätzen. Eigentlich sollte jede Hütte solch ein Sofa haben. Die Abendunterhaltung (alle saßen an zwei großen Tischen) war sehr interessant und international. Wir erfuhren viel über die Geschichte des Val Vogna, zumal die beiden, die das Walsermuseum in Rabernardo (offen Fr.-So, dt. u. ital.) betreuen, mit dabei waren.

Trotzdem standen wir am nächsten Morgen schon früh auf. An diesem Tag stand die längste Etappe auf dem Programm. Der Himmel war klar und das Tal lag noch im Schatten. Über mehrere Alpen gewannen wir langsam an Höhe. Bemerkenswert fanden wir, dass hier Schottische Hochlandrinder gehalten wurden. Gegen 11 Uhr erreichten wir die Alpe Maccagno. Hier sollte man einkehren können. Aber in diesem Winter war so viel Schnee gefallen, dass der Alpbetrieb Anfang Juli noch nicht aufgenommen war. Vorbei am Lago Nero (hier angelte ein Italiener in 2300 m Höhe) ging es über Blockwerk zum Passo del Maccagno. Dieser Platz bot sich für eine Mittagspause an. Leider hatten sich die interessantesten Berge wieder in den Wolken versteckt: so war vom Matterhorn nur der untere Teil zu sehen. Der Abstieg ins Valle del Loo war die schwierigste Stelle auf dieser Etappe, aber eigentlich war es nur ein bißchen die Hände aus den Hosentaschen nehmen. Es sah gewaltiger aus als es war. Jetzt waren wir in der Provinz Aostatal. Das machte sich an geänderten Wegmarkierungen bemerkbar; hier ist die GTA nicht ausgeschildert, sondern die Alta via Aosta Nr.1, die allerdings hervorragend markiert ist. Durch die folgenden Blockgesteinfelder wurden wir mit den kleinen gelben Pfeilen bestens gelenkt. Für eine Pause bot sich das Ufer des Lago di Sukie an, der mit einem Umweg von 10 Minuten erreicht wurde; hier mussten wir den Weg allerdings selber suchen. Der Weg in diesem Hochtal war gut angelegt, interessant und abwechslungsreich und doch waren wir froh, als wir den Colle della Mologna Grande erreichten und das Rifugio Rivetti sehen konnten.
In der Hütte wurde der Sanitärtrakt gerade neu gebaut, aber das war für die Piemonter kein Grund, die Hütte zu schließen; zum Glück für uns. Es gab zwei Dixi-Häuschen und noch eine Dusche. Abends gab es ein hervorragendes Abendessen und der Einfachheit halber wurde der Wein gleich in Zweiliterflaschen auf den Tisch gestellt. Am späten Abend konnte man von der Terrasse die Lichter der Poebene sehen. Es war beeindruckend.

Wir stiegen am nächsten Morgen nach Piedicavallo ab. Es war schönstes Wetter und viele Bergsteiger kamen uns entgegen, um den Sonntag in den Bergen zu verbringen. Auch Lasten wurde nach oben getragen. Nach rund zwei Stunden erreichten wir den Ort und genossen auf einer schattigen Terrasse einen Cappuccino. Für den Weiterweg wollten wir abseits der Teerstraße nach Rosazza wandern. Ein schöner Höhenweg (Strada vecchia) brachte uns nach Montesinaro. Mit etwas Glück und Geschick fanden wir unseren Weg hinab zur Chiobbia. Hier musste das Bachbett mit Hilfe einer Furt passiert werden, dieses gelang uns noch problemlos. Kurz danach standen wir aber schnell in hüfthohen Brennnesseln; dieser Weg war eindeutig aufgegeben worden. Also ging es zurück durch den Bach und an seinem Ufer entlang zur Teerstraße; über sie erreichten wir Rosazza. Am Nachmittag hatte wir Zeit, uns den Ort näher anzusehen; er war sicher mal bedeutend gewesen; inzwischen gab es aber auch Leerstand. Ein Lebensmittelgeschäft gibt es nicht mehr und auch das Restaurant L’Antica Gragliasca ist schon seit einiger Zeit geschlossen. Zum Glück bekamen wir in unserem Quartier (Vecchie scuole) auch Abendessen.

Auch am nächsten Tag durften wir erst einmal auf der Teerstraße bis zum Kloster San Giovanni laufen. Kurz darauf hat man die Wahl. Entweder man geht über Colle della Colma oder man umrundet den Berg auf einem Höhenweg. Da an diesem Tag der Colle della Colma in Wolken gehüllt war, gingen wir den Höhenweg über den Colle Cucco. In den nächsten zwei Stunden wanderten wir jeden Einschnitt und Grat ausgehend mit fast keiner Steigung. Langsam wurden wir ungeduldig, irgendwann musste sich doch die Hauptrichtung ändern, aber letztlich zog dieser Punkt sich lange hin. Doch dann machte der Weg einen großen Bogen und wir waren begeistert von der Aussicht. Rund 1.000 Hm unter uns war die komplette Poebene zu sehen; okay es war ein wenig diesig, aber es war grandios, direkt am Südrand der Alpen zu stehen – vor vier Tagen war wir noch in unmittelbarer Nähe des Monte Rosa gewesen. Ein passendes Plätzchen für die Mittagspause war schnell gefunden, um diesen Moment noch ein wenig auszukosten. Danach ging es auf dem Höhenweg weiter zum Kloster Oropa, wo wir auch nächtigten. Am Nachmittag hatten wir ausgiebig Zeit, uns das Kloster sowie den Sacro Monte anzuschauen. Hier gibt es eine Reihe von Kapellen mit Dioramen biblischer Szenen, die im 17. Jahrhundert von den umgebenden Ortschaften gebaut wurden. Seit 2003 sind sie ein UNESCO-Weltkulturerbe. Beim Abendessen im Restaurant merkte man deutlich, dass man hier in Oropa auf Massentourismus eingerichtet ist. Hier war alles so unpersönlich, wie man es auch von anderen Urlaubsorten kennt, wo viele Touristen sind. Es war das Gegenteil von allem, was wir bisher auf der GTA erlebt hatten. Überall waren wir willkommen gewesen und die Kontakte hatte oft auch etwas Persönliches gehabt.

Unsere frühe Frühstückszeit gefiel dem Restaurantchef gar nicht, aber wir hatten von der Rezeption bei Buchung der Halbpension die Bestätigung erhalten, dass dies möglich sein, und zum Glück waren wir sieben Bergwanderer, die alle den gleichen Wunsch hatten: wir wollten alle am Morgen die erste Seilbahnfahrt erreichen. (Diese war am Vortag nicht gefahren.) Schon nach der Hälfte der Fahrtzeit tauchten wir in Wolken ein. Würde es wieder ein Tag ohne Aussicht werden? Die Bocchetta del Lago war schnell erreicht. Von hier aus ging es auf einem kleinen Steig durch Schrofenhänge und Blockfelder. Der Nebel machte die Orientierung nicht immer einfach. Zwei Altschneefelder mussten mühsam gequert werden, da sie direkt über dem Wegverlauf lagen. Nirgends fand sich ein schöner Platz um Pause machen zu können; dazu war es nicht nur neblig sondern auch kühl. Im weiteren Verlauf hatte man die felsigen Passagen mit Drahtseilen versichert. Während wird uns den Hang hinauf mühten, graste neben uns in aller Ruhe ein Steinbock. Kurz vor Erreichen des Grates kamen wir an eine Weggabelung. Wir mussten bereits in der Nähe der Hütte sein, konnten sie im Nebel aber nicht sehen, ausgeschildert war sie aber auch nicht. Mutig entschieden wir uns für links; aber als immer noch nichts zu sehen war, schauten wir doch noch einmal auf unser Tablet. Nur wenig später tauchte das Rifugio Coda im Nebel auf. Hier gönnten wir uns etwas Warmes zu Essen und Trinken. Am Abend rissen die Wolken noch einmal auf und wir hatten eine gute Sicht vom Gran Paradiso bis zum Walliser Hauptkamm. Ein Rudel Steinböcke in Hüttennähe ließ sich von den Menschen, die begeistert Berge schauten, nicht beeindrucken und graste friedlich weiter.

Die Berge waren am nächsten Morgen sogar wolkenfrei. Schnell stiegen wir in einer Viertelstunde auf den Hausberg. In aller Ruhe konnten wir noch einmal das ganze Panorama genießen. Anschließend folgten wir den anderen Kleingruppen Richtung Monte Bechit – auf dem Gratweg – hier hatten gestern im Nebel die Badenser den falschen Abzweig gewählt (auf der IGC-Karte führt der Weg fälschlich nach unten). Ein wenig später teilten wir uns, während Susanne den vermeintlich einfacheren Weg durch die Schrofenhänge um den Gipfel herum wählte, stieg Kay über den angeblich schweren Weg auf den Monte Bechit und den Mont Roux. Der Weg unten herum (der Wirt hatte ihn wohl vor einigen Jahren verbessert)  war allerdings schon wieder deutlich zugewachsen, vereinzelte Stellen ließen nur noch Platz für einen einzelnen Wanderstiefel, Senken waren teilweise stark zugewachsen, aber hier ging es zumindest nicht daneben steil herunter. Der Weg über die Bergspitzen war ausgetreten, gut bezeichnet und stellenweise klettersteigartig gesichert. Die Mehrheit geht wohl über die Berge.
Am Colle della Lace trafen wir uns wieder. Bis zum Col Giassit war der Weg einfach zu finden. Vor Alpe Bechera biegt er links ab; in unserer Detailkarte führt der Weg über die Alpe, dort fanden wir im Gras keine weiteren Markierungen und eine Wegspur war auch nicht zu erkennen. Nach etwas Sucherei fanden wir dann doch den richtigen Weg – letztlich muss man wohl direkt zum Bach und im Talgrund absteigen. Der Steig ging in einen Fahrweg über und rund eine Stunde später waren wir an unserem Tagesziel, dem Agriturismo Belvedere. Hier gönnten wir uns eine regionale Spezialität: warme Maronen mit Butter. Den Nachmittag verbrachten wir auf der Liegewiese. Abends gab es auch hier ein vielgängiges Menü in geselliger Runde mit den Badensern und den Schweizern, die wir in den letzten Tagen kennengelernt hatten.

Die Aufgabe für den nächsten Tag war es, nur noch ins Tal abzusteigen; nach gestern ging es noch einmal über 1.000 Höhenmeter bergab. Danach mussten wir noch den Fluss, die Auto- und die Eisenbahn überqueren und schon hatten wir unser Ziel erreicht: Quincinetto im Aostatal. Am nächsten Tag ging es dann mit Bus und Zug nach Mailand zum Flughafen. Spät abends landete unser Flieger in Hamburg und der Kielius brachte uns nach Hause.
Vierzehn tolle Wandertage lagen hinter uns. Wir haben viel erlebt: Bergeinsamkeit in entlegensten Winkeln, aber auch nette Menschen kennengelernt. Die Gastfreundschaft und das gute Essen machen diese Gegend einzigartig. Wir werden weiter auf der GTA  wandern.

Kay Ahrend und Susanne Bartelt


Toureninfos:

Literatur:

Kürschner/Haas: GTA, Rother-Verlag
Bätzing: GTA, Teil 1: Der Norden, Rotpunkt-Verlag


nützliche Verkehrsverbindungen (Fahrpläne bei den Gesellschaften im Internet):

Anreise ab Flughafen Mailand-Malpensa
Bus Malpensa - Gravelone Toce - Domodossola: comazzi Bus – Reservierung erforderlich
Bus Verbania - Gravelone Toce - Omegna: vco trasporti
Bus Omegna - Val Strona - Forno: vco trasporti

Rückreise zum Flughafen Mailand-Malpensa
Bus Pont-St.-Martin – Quincinetto - Ivrea - Chivasso FS: sadem Linie 265
Bahn Chivasso FS – Novara FS auf der Bahnverbindung Turin – Mailand
Flughafenbus Novara – Malpensa: stnnet


unsere (geplanten) Etappen:
Forno – Campello Monti: 450 hm ˄, ca. 2 Std.
– Rimella: 650 hm ˄ 750 hm ˅, ca. 4,5 Std.
– Alpe Baranca: 950 hm ˄ 600 hm ˅, ca. 5 Std.
– Carcoforo: 650 hm ˄ 950 hm ˅, ca. 5 Std. (zusätzl. Gipfel Il Cimone)
– Rima: 1050 hm ˄ 950 hm ˅, ca. 6 Std.
– Pedemonte: 900 hm ˄ 1100 hm ˅, ca. 5,5 Std.
– Seilbahn von Alagna – Passo Foric - Follu: 450 hm ˄ 850 hm ˅, ca. 4 Std.
– Peccia: 500 hm ˄ 650 hm ˅, ca. 4 Std.
– Rif. Rivetti: 1100 hm ˄ 400 hm ˅, ca. 6,5 Std. (zusätzl.Gipfel Punta Tre Vescovi)
– Rosazza (direkt):  1300 hm ˅, ca. 4 Std.
– Oropa (über Colle Cucco): 500 hm ˄ 200 hm ˅, ca. 4,5 Std.
– Seilbahn von Oropa – Rif. Coda: 500 hm ˄ 150 hm ˅, ca. 3 Std. (zusätzl. Gipfel Monte Camino)
– Trovinasse: 200 hm ˄ 1100 hm ˅, ca. 4 Std.
– Quincinetto: 1150 hm ˅, ca. 3 Std.