Naturpark Obere Donau 4. bis 12. Mai 2019

Wanderwoche der Wandergruppe

- dem Andenken an Dr. Karl Schilke (+ 23.5.2019) gewidmet –

Im Oberen Donautal erzählt man sich die Sage vom Knopfmacherfels.  „Am 4.April 1823 stürzte hier  der ehrbare Knopfmacher Fidelis Martin ab. Er kam vom Markt in Tuttlingen und war mit seinem  Rösslein  auf dem Weg nach Beuron. Als er bei der alten Schanze war, fing es an zu nachten. Da begegnete ihm das Hardtfräulein.  Es führte den Mann auf den steilen Felsen hinaus.

Da stürzten Mann und Rösslein hinunter. Erst 14 Tage später fand der Klosterschäfer von Beuron den Knopfmacher tot am Fuße des Felsens.“ (Quelle: Hotelprospekt Berghaus Knopfmacher)

Nun, wir hatten  in unserem Wanderwart Wolfgang einen besseren Führer! Er brachte uns nicht nur alle heil und unversehrt ins Schwäbische und von dort wieder zurück nach Kiel, sondern   führte uns um- und vorsichtig  über die zahlreichen, verlässlich  markierten  Premium-Wanderwege im Gebiet der Oberen Donau mit ihren Donauversinkungen, auf bizarren Felsnadeln thronenden Burgen, dem mächtigen Kloster Beuron, durch im frischen Frühjahrsgrün  samt Veilchen, Maiglöckchen, gelben Anemonen, Salomonsiegel und Frühjahrsplatterbse prunkende Mischwälder und über mit Schlüsselblumen, Knabenkraut und einmal sogar Frühlingsenzian dicht an dicht übersprenkelte Naturwiesen. Wolfgang hatte auch im Rahmen einer Vorwanderung alternative Routen für diejenigen unserer 16-köpfigen Gruppe ausklabüstert, die ich mit dem Begriff nearly best ager beschreibe – jeder fand etwas seiner Tagesform Angemessenes, jede vermochte den Landschaften der südlichen Schwäbischen Alb in dieser zwar kühlen, aber weitgehend trockenen Wanderwoche ein Optimum an Natur- und Kulturgenuss abzugewinnen.

Dazu trug natürlich auch die schöne Unterbringung im Gasthof „Hirsch“ in Mühlheim/Donau bei Fam. Leibinger bei. Zur Küche  genüge nur  e i n  Hinweis: Der Chef kochte selbst, und zwar nicht nur Spätzle! Nicht nur im „Hirsch“en, überall wurden uns halbe, mit gutem Recht nicht mehr „Seniorenteller“ genannte Gerichte angeboten. Wie beim Wandern so auch beim Essen – Leistungsträger unterscheidet nicht  Portionsgrößen  oder Länge.

Sonnabend, 4.5.2019

Die Bahnfahrt mit dreimaligem  Umsteigen haben wir schon mal zur Akklimatisierung genutzt, indem wir den von Wolfgang weitsichtig bevorrateten Trollinger verkosteten. Da waren die gut neun Stunden  Fahrt und die 20 Minuten vom Zielbahnhof hoch in die Oberstadt fast ein Klacks.

Sonntag, 5.5.2019

Von Mühlheim über Galluskirche zur Kolbinger Höhle auf dem Donauberglandweg, wo eine vom Schwäbischen Albverein bewirtschaftete Hütte uns empfing. Dann Abstieg nach Friedingen, dessen Stadtansicht wir uns noch von oben erschlossen, damit wir nicht früher als angemeldet zu Kaffee und Kuchen aufkreuzten.

Die Hälfte von uns ist per Bahn, die andere Hälfte direkt entlang der Donau wandernd nach Mühlheim zurückgekehrt.

Montag, 6.5.2019

Heute haben wir „die Abkürzung“ über die Höhe nach Friedingen an der Ruine „Maria Hilf“  vorbei genommen und sind von dort hoch auf den Knopfmacherfelsen. Höhenprofil zwischen 600 und 750 Metern. Nur Rolf ist dann wieder zu Fuß, diesmal entlang des anderen Donauufers auf dem Radweg, alle anderen per Zug zurück.

Nach dem Abendessen anderthalbstündige Nachtwächter-Führung durch die historische Oberstadt Mühlheims – natürlich mit gesungenem Refrain „Hört Ihr Leute, lasst Euch sagen …“.

Dienstag, 7.5.2019

Ziel heute war das riesige Kloster Beuron, Ausgangspunkt wieder das mit Bus erreichte Friedingen. Auf dem Donauberglandweg an der „Ziegelhütte“ vorbei, wo den aufmerksamen Wanderer eine unscheinbare Stele darauf aufmerksam macht, daß die einstigen Bewohner in diesem einsamen Gehöft fast zwei Jahre lang naziverfolgte Juden versteckten und ihnen das Leben retteten. Leider begegnet man solchen Erinnerungsstätten nur sehr selten – vermutlich aus zwei Gründen …! Weiter zur Ruine Kallenberg, wo restauriert wurde, und mit zahlreichen Ausblicken immer wieder von Felsenhöhen hinab auf die wild  mäandrierende Donau hoch hinauf zum Schloss Bronnen,

dem Jagd- und Lustschloss der Herrschaft, die in Mühlheim zwei Schlösser, das alte und das neue, hoch über der Donau als weithin sichtbaren Machtanspruch heute den Besuchern und Einheimischen, ehedem wandernden Gesellen, zollpflichtigen Handelsreisenden, vagabundierenden oder aufziehenden  Landsknechten sowie den Leibeigenen entgegen bellt. 

In der Klosteranlage empfing uns, die wir ziemlich ermüdet waren, zur rechten Zeit Labsal im Café  Hertel. Die Bahn fuhr eine Stunde später als gedacht, aber wir erreichten das Diner gerade noch rechtzeitig. Auch an diesem Tag bewegte sich das Höhenprofil im schon beschriebenen Rahmen.

Mittwoch, 8.5.2019

Es war wohl Fügung, dass wir diesen Tag dem Erkunden Sigmaringens mit seinem Schloss und den vielen Bauzeugen einer deutschen Klein-Residenz, dem Stammsitz der Hohenzollern, vorbehalten hatten. Es war nämlich ein oft regnerischer, dabei kühler Tag. Bei der Schlossführung durch einen jugendlich-begeisterten Guide konnte man neben allerlei Mobiliar und royalem Komfort auch gerade an diesem Guide besichtigen, warum die einschlägigen BUNTEn Blätter mit ihren Homestories über Prinzen und Prinzessinnen in Deutschland nach wie vor ein gutes Geschäft sind und warum Deutschland seit 100 Jahren einen anderen Weg des Umgangs mit dem Adel gegangen ist als z.B. Österreich. Im „Hirsch“ wartete auf uns ein kulinarischer schwäbischer Abend: Schwäbische Linsen satt mit und ohne Einlage. Horst war die Konsistenz zu dick, andere suchten sich die speziellen Linsen, die nur in einer kleinen Vulkanregion auf der Alb angebaut werden,  später als Mitbringsel im Supermarkt – so ist das nun mal in Gruppen: Allen gerecht kann nur das absolut Durchschnittliche werden. Nur, wer will  d a s?

Donnerstag, 9.5.2019

Vom mit der Bahn angesteuerten Immendingen erreichten wir nach anderthalb Kilometern das Naturphänomen Donauversinkung: Der Fluß verliert eine beträchtliche Menge seines Wassers über porösen Kalkformationen in Höhlensysteme, die es unterirdisch über weite Strecken Richtung Bodensee führen. So kommt es, dass das, was die Donau über ihre Quellflüsse unterwärts Donaueschingens an Wasser angesammelt hat, nur zu etwa zwei Dritteln  ganz später das Schwarze Meer erreicht, ein Drittel aber via Rhein die Nordsee. Schön kann man beobachten, wie Wasser in Strudeln nach unten geht oder sogar gegen die Fließrichtung des Flusses strömt.  Und das alles inmitten herrlich-frühlingshafter Blumenvegetation in nahezu unberührter Natur!

Zum Abendessen mussten wir heute fremdgehen: Wegen Ruhetags „Linde“ statt „Hirsch“, auch super ansprechende reichhaltige Karte und nach Wanderstrapazen (Doline Michelsloch, mehrfach  herrlich aufreißende Wolkenlöcher mit enormer Fernsicht bis zu den leuchtenden Gletschern des Alpenhauptkammes, Hegauvulkankrater mit stillgelegtem Basaltsteinbruch für die Unverdrosseneren, Abkürzung, aber auch mit Alpenblick für die etwas Bedächtigeren, Höhenprofil wie gehabt) beruhigende Getränke!

Freitag, 10.5.2019

Einmal Donau Donau sein lassen und hoch  ins Herz der Schwäbischen Alb hinauf! Mit gechartertem Bus 36 Kilometer nach Albstadt. Beim Zollernburg-Panorama-Weg ist der Name das Programm. Er führt am Rande rund um ein Plateau, wobei die Flanken sehr steil und tief abfallen, gefühlt öfters nahezu sekrecht. Obwohl auch diese Abhänge bewaldet sind, öffnet die kulissenhafte Aufstaffelung der Bäume immer wieder freie Ausblicke aus der Alb hinaus.

Und über weite Strecken umrundet der Panoramablick von diesem Premium-Wanderweg namengebenden „Traufgang“ aus  die Burg Hohenzollern, die majestätisch über der Ebene gluckt. Von einem Höhenprofil ist fast nicht zu sprechen, wir wanderten die 15,6 Kilometer stets auf etwa 900 Metern Meereshöhe. Auch hier wurden Abkürzungen möglich und teilweise genutzt, ohne dem Seherlebnis schmerzhafte Tribute zollen zu müssen.

Sonnabend, 11.5.2019

Zum Abgewöhnen – es war schließlich der letzte Wandertag – schön spät aufgestanden und gefrühstückt. Erst um 10.30 Uhr mit dem Linienbus nach Irndorf. Von dort starteten wir in zwei Gruppen. Rudi, unser reifster Leistungsträger, sollte es an sich etwas gemächlicher haben, wie sich dann abends herausstellte, hatte er es anders gemacht und als einziger genau das gemeistert, was sich alle anderen nicht zugetraut hatten: den wegen einer Gerölllawine gesperrten Premiumweg. Aber hier greife ich vor, deshalb zurück und der Reihe nach.  Die größere Gruppe ging erstmal talwärts bis zum Spaltfelsen und dann zum Rauhen Stein. Dort trafen sich beide Gruppen wieder und blieben bis zum Felsengarten, ein von der Irndorfer Schule liebevoll angelegter und gepflegter Steingarten, und dem einen Super-Donaublick bis zur Burg Werrenwarg gewährenden Eichfelsen beisammen.

Dann ging es recht steil runter bis zur Donaubrücke unter der Burg Wildenstein. Die meisten blieben  diesseits des Flusses und wandten sich ihm entlang nach Beuron. Eine kleinere Gruppe – und eben auch Rudi, aber mutterseelenallein und noch dazu auf dem gesperrten Abenteuerweg – erklomm am jenseitigen Ufer die Höhe fast auf Niveau der Burg Wildenstein, um die Geröllawinenfläche zu umgehen und erreichte Kloster Beuron an der Petershöhle  vorbei – einer als Fluchtstätte von den Mönchen bei Gefahr genutzten Doline, die wie viele dieser Höhlen auf der Alb steinzeitliche Befunde hat, über die der Wanderer  mittels Schautafeln informiert wird. Es dürften 13 Kilometer auf zwischen 600 und 800 Metern  Höhe gewesen sein, der Wanderprospekt gibt jeweils 450  Gesamtmeter im Auf- und im Abstieg an.

Und wie es sich an einem letzten Abend gehört: Er galt Wolfgang, unserem nimmermüden Planer, Führer, Vorausdenker, Aufmunterer, Organisator all´ der Extrawünsche, Wehwehchenwegmacher etc. pp. Dorothea überreichte eine aus Hartweizenspätzle gefügte Amtskette und eine Collage, die die Höhepunkte der Woche visualisierte, auch die mittels Heissklebepistole des „Hirsch“en mehrfach restaurierten Wanderschuhe von Wolfgang, ohne deren notdürftige Reparatur wir ziemlich alt ausgesehen hätten auf der Schwäbischen Alb und im Oberen Donautal. Ach ja, eine kleine Aufmerksamkeit der Gruppe soll den Weg dafür ebnen, dass Wolfgang  auch im nächsten Jahr von zu Hause das Placet für eine neue Wanderfahrt (Fränkische Schweiz?) bekommt.

Sonntag, 12.5.2019

„Der Zug war pünktlich“ (Heinrich Böll) – das kann man ja mal festhalten nach all´ dem, was so über die DB berichtet wird. Und Trollinger gab es auch wieder.

Leopold Fuß
Fotos: Dorothea Zelenka, Ursula Perkiewicz, Wolfgang Keibel