Auf Höhenwegen durch die Dolomiten

Eigentlich wollte die Bergwandergruppe dieses Jahr im Rätikon auf Hüttenwanderung gehen, aber nach verschiedenen Absagen waren wir nur noch zu dritt. Und da es Anfang Juli in den Alpen immer noch viel Altschnee gab, wurden die Dolomiten unser Ziel.

Dauerregen im Allgäu und in Innsbruck, wo Susanne und ich Manfred vom Bahnhof abholten, Schneeregen am Brenner - und wir wollten eine Woche auf Hüttentour durch die Dolomiten! Als wir in Toblach ankamen, hatte es immerhin aufgehört zu regnen, aber es war mit 10 Grad ziemlich kühl. Für die erste Nacht sah unser Plan vor, in der Jugendherberge unterzukommen. Wir bekamen noch ein Notlager in einer Abstellkammer. Das hört sich bescheiden an, da die Jugendherberge aber im ehemaligen Grand Hotel des Ortes untergebracht ist, war das Zimmer sogar passabel. Vor dem Abendessen in der einzigen Pizzeria von Toblach sahen wir uns noch die Naturparkhaus-Ausstellung an.

1. Tag Toblach - Seekofelhütte

Von Toblach fuhren wir dann mit dem Bus zum Pragser Wildsee. Das haben wir in diversen Jahren Bergwanderung gelernt: Stelle dein Auto möglichst zentral ab!

Bedingt durch den Regen hatten wohl einige Bergsteiger ihren Start des Dolomiten-Höhenweges Nr. 1 um einen Tag verschoben. Leider waren auch ziemlich viele große Gruppen unterwegs, so daß es für Einzelwanderer und Kleingruppen fast unmöglich war, ohne Reservierung auf den Hütten noch ein Lager zu finden.

Der Weg führte uns bei strahlendem Sonnenschein um den Pragser Wildsee herum und dann durch vereinzelte Neuschneefelder bergan. Die Fernsicht reichte an diesem Tag von den Zillertaler Alpen bis zu den Drei Zinnen. Nach ca. vier Stunden kamen wir bei der Seekofelhütte an. Obwohl es erst 15:00 Uhr war, erhielten wir nur noch Notlager im Winterlager ca. 200 m von der Hütte entfernt. Abendessen gab es in zwei Schichten: während die eine Schicht aß, durfte sich die andere Schicht im Lager oder draußen im kalten Wind aufhalten.

Da in der Nacht auch noch kräftig geschnarcht wurde, gab es kaum Schlaf.

2. Tag Seekofelhütte – Faneshütte

Manfred und ich hatten es eilig mit dem Aufbruch; so eilig, daß Susanne ihre Wasserflaschen vor der Hütte stehen ließ. Aber da in den Dolomiten die Hütten in kurzen Abständen stehen, konnte sie schon bald Ersatz beschaffen. Ab dem Rifugio Fodara Vedla wählten wir die alpine Variante Sentiero Bancdalse. Der Weg wird von der Naturparkverwaltung seit wohl einigen Jahren nicht mehr Instand gehalten, und es ist absehbar, daß er unpassierbar wird.

Wir kamen früh bei der Faneshütte an und hatten Glück, daß wir die so ziemlich letzten Lager erhielten. Den Nachmittag verbrachten wir bei Apfelstrudel und Cappuccino auf der Hüttenterrasse.

3. Tag Faneshütte – Cortina d’Ampezzo

Gut ausgeruht brachen wir Richtung Falzaregopaß auf. Nachdem wir die Große Fanesalm passiert hatten, dauerte es nicht mehr lange und das Tal öffnete sich nach Osten und wir konnten die Sellagruppe sehen. An der Forcella del Lago wehte ein kühler Wind, so daß wir die Aussicht nur kurz genossen und zügig zum Lago di Lagazuoi abstiegen. Dies wurde dadurch erleichtert, daß es sich bei diesem Weg um einen Nachschubweg aus dem Ersten Weltkrieg handelt. Am See wurde erst einmal Mittagspause gemacht.

Am Nachmittag ging es dann über eine relativ öde Hochebene zum Rifugio Lagazuoi. Von hier oben konnten wir bei richtig guter Sicht fast alle Dolomiten-Gruppen sehen - ein wirklich schöner Aussichtspunkt! Leider hatte die Hütte für uns keinen Platz mehr frei. Also sind wir mit der Seilbahn  hinunter zum Falzarego-Paß geschwebt. Hier verabschiedeten wir uns vom Dolomitenhöhenweg Nr. 1 und sind mit dem Bus nach Cortina d’Ampezzo gefahren. Das billigste Quartier in Cortina war ein 3-Sterne-Hotel und auch die abendliche Pizza war eher auf höherem Preisniveau. Während wir ausgiebig von der Hoteldusche Gebrauch machten, gab es ein kräftiges Gewitter.

4. Tag Cortina d’Ampezzo – Rifugio Fonda Savio

Nach einem sehr guten Frühstück ging es am nächsten Tag erst einmal Richtung Busbahnhof. Schnell war der Bus Richtung Misurinasee gefunden, aber der Kauf von Fahrkarten ist in Italien eine besondere Sache. Vom Lago di Misurina führte uns der Weg unter der Sessellift-Trasse zum Rifugio Col del Varda. Ab hier ging es Richtung Norden durch die Cadini-Gruppe auf dem Sentiero Bonacossa zum Rifugio Fonda Savio. Bei diesem Weg handelt es sich um einen versicherten Steig über zwei Scharten, der in manchen Führern als Klettersteig auftaucht.

Hier erwischte mich ein kleiner Magen-Darm-Virus, so daß am nächsten Tag nicht daran zu denken war, den ausgesetzten zweiten Teil des Sentiero Bonacossa zu gehen.

5. Tag Rifugio Fonda Savio – Rifugio Lavaredo

Also ging es den Hüttenweg ins Tal und anschließend parallel zur Fahrstraße zum Rifugio Auronzo. Zum Glück war der anschließende Weg zum Rifugio Lavaredo eine fast ebene Fahrstraße, denn irgendwie hatte ich keine Kraft mehr. Darum verschwand ich auf der Hütte auch schnell zu einem ausgiebigen Mittagsschlaf in unserem Zimmer. Susanne und Manfred haben zusammen mit gefühlten tausend anderen Leuten noch die Nordwände der Drei Zinnen bewundert.

6. Tag Rifugio Lavaredo – Sexten

Als Ziel für diesen Tag wurde das Rifugio Zsigmondy-Comici ausgewählt. Dadurch daß wir früh vom Rifugio Lavaredo aufbrachen, hatten wir den Blick auf die Nordwände der Drei Zinnen ziemlich für uns allein. Unterhalb des Paternkofels ging es zur Drei-Zinnen-Hütte. Hier konnten wir bei einem Cappuccino den Kletterern in der Nordwand der Großen Zinne aus der Entfernung zusehen.

Entlang des Paternkofels stiegen wir zum Büllelejoch mit seiner Hütte auf. Wie schon die ganze Woche erhielten wir auch an diesem Tag von Sonja eine SMS mit dem Wetterbericht für die nächsten Tage. Bisher hatten er immer „tagsüber sonnig, abends ist mit Gewittern zu rechnen“ gelautet und gut gepaßt. Dieser Wetterbericht  kündigte jedoch Regen für den nächsten Tag an. Daraufhin wurde umgeplant: jetzt wollten wir noch am gleichen Tag das Tal zu erreichen. Wie nicht anders zu erwarten zog sich der Abstieg über eintausend Höhenmeter in die Länge. Aber irgendwann war es geschafft und wir erreichten die Bushaltestelle in Sexten.

Mit dem Bus fuhren wir nach Toblach zu unserem Auto und zur Jugendherberge, wo wir diesmal ein reguläres Zimmer erhielten. Abends besuchten wir wieder unsere Pizzeria und in einer Bar ließen wir die Fahrt bei Rotwein ausklingen.

Text: Kay Ahrend

Bilder: Susanne Bartelt