Auf Höhenwegen durchs Allgäu

1.Tag Aufstieg Giebelhaus - Prinz-Luitpold-Haus

Schon in Kiel ließ Peter keine Gelegenheit aus, die Schönheit des Allgäus zu loben. Dadurch angelockt, warteten Susanne und ich am Samstag, dem 29.06.02, um 10:30 in Sonthofen auf dem Bahnhof zusammen mit einem großen Müllsack voll Klettersteigausrüstung auf die Bahnfahrer der Bergwandergruppe. Wir waren so kurzfristig zu dieser Tour gestoßen, daß für uns nur die Anreise mit dem Auto in Frage kam. Dadurch versäumten wir ein feudales Frühstück im Schlafwagen und einen verpaßten Anschlußzug. Schnell war die Ausrüstung verteilt, und weiter ging es mit dem Bus über Hindelang zum Giebelhaus 1066 m. Nach einer kurzen Stärkung führte der Aufstieg zum Prinz-Luitpold-Haus 1846 m.

Bei einem spärlichen Abendessen und einer ungemütlichen Atmosphäre waren sich alle einig, daß man am nächsten Tag möglichst früh den Weg zur Kemptener Hütte in Angriff nehmen sollte.

2. Tag Prinz-Luitpold-Haus – Kemptener Hütte

Leider gab es in dieser Nacht ziemlich wenig Schlaf. Die ersten Bergsteiger standen schon um kurz nach 5:30 Uhr auf, nachdem sie erst spät und laut ins Lager gekommen waren. Zügig ging es zum Himmelseck 2007 m. Dort wurde eine erste Pause gemacht, und die Aussicht auf den Höfats genossen, den wir auf dem Weiterweg halb umrundeten. Nach der nächsten Pause auf dem Seichereck 2044 m wurde es Ernst. Erstens begann der Aufstieg zum Rauheck 2384 m und zum anderen fing das Finale der Fußballweltmeisterschaft Brasilien gegen Deutschland an. Das war auch der Grund weshalb das Gebirge an diesem Tag nahezu menschenleer war. Als die letzten auf dem Gipfel eintrudelten, führte Brasilien 1:0. Diese Information verdankten wir einer SMS auf Ingrids Handy, das uns auch den weiteren Verlauf des Spiels übermittelte. Das Rauheck machte seinem Namen alle Ehre und empfing uns mit einem rauhen Wind. Nur schnell weiter. Auch über das Kreuzeck 2375 m blieb der kalte Wind unser Begleiter. Jeder ging so schnell er konnte. Bloß nicht stehenbleiben, denn dann fängt man an zu frieren. Irgendwann mußte aber mal Pause gemacht werden. Es war gar nicht so einfach, sich zu einer gemeinsamen Pause zu sammeln, da sich die Gruppe doch sehr in die Länge gezogen hatte. Ab dem Märzle zweigt der Weg vom Grenzkamm ab und quert unterhalb der Krottenspitze einen steilen Schotterhang, der noch durch ein paar steile Firnfelder versüßt wurde. Vom Fürschießersattel 2207 m ging es dann in einer großen Schleife zur Kemptner Hütte. Eigentlich ein ganz einfacher Weg, wenn er nicht in ein paar Tobeln weggebrochen wäre. So wurde es doch 19:00 Uhr, bis wir uns in der Kemptner Hütte einfanden. Nach dieser langen Etappen waren einige so erschöpft, daß sie fast beim Abendessen eingeschlafen wären.

3.Tag Kemptener Hütte- Waltenberger Haus

Am nächsten Tag wurde dann der erste Teil des Heilbronner Wegs in Angriff genommen. Über das Obere Mädelejoch 1974 m und den Schwarzmilzferner ging es zur Bockkar-Scharte 2504 m. Wir hatten schon in Kiel beschlossen, den Heilbronner Weg in zwei Etappen zu gehen und eine Nacht auf dem Waltenberger Haus 2083m zu verbringen. Nachdem im Abstieg von der Scharte die Schotterpassagen überwunden worden waren, ging es in die noch reichlich vorhandenen Schneefelder. Ingrid und ich ließen es uns nicht nehmen und rodelten auf dem Hosenboden bis fast zur Hütte. Hier gönnten wir uns alle einen sonnigen Nachmittag bei Birnenbrot auf der Terrasse. Nachts fing es an zu regnen.

4. Tag Waltenberger Haus – Rappenseehütte

Also wurde morgens der Rucksack ebenso wie der Bergsteiger wasserdicht eingepackt, und auf ging es Richtung Socktalscharte 2446 m. Der Regen verhinderte eine Besteigung des Bockkarkopfes. Der Schotter blieb uns nicht ganz erspart, aber auch hier gab es noch genügend Schneefelder um kraftsparend die Scharte zu erreichen. Mittlerweile hatte auch der Regen aufgehört, und wir konnten den Heilbronner Weg Richtung Rappenseehütte fortsetzen. Dieser versicherte Steig ist für jeden erfahrenen Bergsteiger ein Genuß. Leider war er viel zu schnell zu Ende. Aber auch der Abstieg hatte seine Tücken. Auch hier mußten steile Schneefelder gequert werden und ich war mehr als einmal froh, daß Peter darauf bestanden hatte, einen Eispickel mitzunehmen.

Kurz vor der Großen Steinscharte hielt Peter den Zeitpunkt für gekommen, daß man einen guten Schluck aus dem Kanister (Flachmann) nehmen könne. So kamen wir zufrieden bei der Rappenseehütte 2091 m an. Noch zufriedener wurden wir, als wir uns gewaschen, unsere feuchten Sachen in den Trockenraum gehängt und uns dem reichlichen Abendessen zugewendet hatten.

5. Tag Rappenseehütte – Biberkopf – Rappenseehütte

Für den nächste Tag stand die Besteigung des Biberkopfes 2599 m an. Diese Tour war als Tagestour geplant, so daß wir mit leichtem Gepäck von der Hütte losgehen konnten. Als ich zum ersten Mal die Schotterfelder, durch die der Aufstieg führte, sah, bedauerte ich, daß ich nicht zusammen mit Hans-Joachim auf den Rappenseekopf 2467 m und Hochrappenkopf 2423 m gestiegen war. Auf ca. 2400 m sagten Susanne und ich, daß dies nicht unser Berg und unsere Verhältnisse seien und kehrten um. Peter, Manfred, Ingrid und Heinrich stiegen auf den Gipfel und machten dort nur eine ganz kurze Pause, denn das Wetter sah nicht gut aus. Tatsächlich schafften sie es auch nicht, trocken in die Hütte zu kommen. Aber die Hütte hat einen guten Trockenraum. Es regnete die ganze Nacht.

6. Tag Rappenseehütte – Mindelheimer Hütte

Für den Donnerstag stand nur der Übergang zur Mindelheimer Hütte an. Wir ließen uns an diesem Tag Zeit und gingen erst um 9.30 Uhr in leichten Nieselregen, der weiter oben schon in Schneefall überging, los. Der Weg führte über das Salzbücheljoch 1775 m, um den Grüner herum zum Schrofenpaß1688 m. Anschließend ging es zum Haldenwanger Bach hinab und von dort hinauf zur Mindelheimer Hütte 2058 m. Durch den Regen wurde es uns nicht gerade leicht gemacht, die verschiedenen Tobel und Bäche, die unseren Weg kreuzten, zu queren. Da im Aufstieg zur Hütte mein linkes Knie sich unangehm bemerkbar machte, war ich froh, als ich die Hütte erreichte.

7. Tag Mindelheimer Hütte- Fiderepaßhütte

Der nächste Tag brachte bestes Wetter. So fiel der Gruppe die Entscheidung nicht schwer, den Mindelheimer Klettersteig zur Fiderepaßhütte zu machen. Für mich bedeutete das, daß ich auf dem Krumbacher Höhenweg, der parallel zum Klettersteig verläuft, keinen Begleiter haben würde. Ich wollte meinem Knie einen Ruhetag gönnen, viel fotografieren und die Sonne genießen. So trottete ich langsam den Höhenweg entlang mit der Folge, daß ich schon um 11:30 Uhr an der Fidere-Scharte 2210 m war. Nur noch eine halbe Stunde bis zur Hütte. Dort den ganzen Tag auf der Terrasse sitzen? Kommt nicht in Frage! Also ging ich der Gruppe auf dem Klettersteig ein Stückchen entgegen. Der Klettersteig auf den Nördlichen Schafalpenkopf 2320 m sah machbar aus. Also wurde der Rucksack in der Nähe des Passes deponiert und nur die Kamera mitgenommen. Schnell hatte ich den Gipfel erreicht. Dort oben hatte ich dann Zeit, den Weg der letzten Woche noch einmal aus der Entfernung zu betrachten. Aber auch die schönsten Berge werden mit der Zeit langweilig, und so war ich froh, als nach zwei Stunden die Gruppe, die ich die ganze Zeit beobachten konnte, den Gipfel erreichte. Gemeinsam stiegen wir ab und waren froh, als wir die Fiderepaßhütte 2065 m erreichten. Es war ein heißer Tag gewesen, und alle hatten nur wenig getrunken. Es wurde reichlich Apfelschorle und Radler bestellt. An diesem Abend war das Wetter so gut, daß wir draußen auf der Terrasse essen konnten. Dieser Klettersteig war der Höhepunkt der Allgäu-Tour.

8. Tag Abstieg Fiderepaßhütte – Mittelberg

Als wir am nächsten Morgen Richtung Mittelberg aufbrachen, gab es schon wieder Nieselregen. Auf der Fluchtalpe 1390 m hatte es sich eingeregnet, und als wir in Höfle in den Bus stiegen, war es bereits Dauerregen. So verzichtete die Gruppe auf eine Besichtigung der Breitachklamm und fuhr direkt nach Oberstdorf. Dort verließen Susanne und ich die Gruppe, um das Auto zu holen und die Heimreise anzutreten.

Verfasser: Kay Ahrend